Wissenschafts-Fake bei „Badiou Studies“: Ergibt absolut keinen Sinn
Die akademische Zeitschrift „Badiou Studies“ fällt auf einen Fake herein. Sie veröffentlichte den Text einer Autorin, die es gar nicht gibt.
Der Physiker Alan Sokal ärgerte sich vor gut 20 Jahren über die Konjunktur physikalischer und mathematischer Begriffe in Texten postmoderner Philosophen. 1996 gelang es ihm, in der Zeitschrift Social Text – einem Organ, das sich postkolonialer, postmoderner und feministischer Theorie widmet – einen Aufsatz zu veröffentlichen. Titel: „Die Grenzen überschreiten: Auf dem Weg zu einer transformativen Hermeneutik der Quantengravitation“.
Ein Jahr später enthüllte er zusammen mit Jean Bricmont in einem Buch, dass der Aufsatz eine Parodie war, um den frivolen Missbrauch von Wissenschaft durch Schnelldenker der Postmoderne (Baudrillard, Deleuze, Virilio, Latour u. a.) zu verspotten. Heftige Debatten folgten.
Das könnte bald wieder eintreten. Denn so wie Sokal/Bricmont die Postmodernen vorführten, so parodierten jetzt Anouk Barberousse und Philippe Huneman unter dem Pseudonym Benedetta Tripodi den nach der Meinung des Philosophie Magazins (Gernot Kamecke) „einflussreichsten“, nach der Berliner Zeitung sogar „gefährlichsten“ (Dirk Pilz) Philosophen, Alain Badiou – und das ausgerechnet in dessen Hauspostille, den Badiou Studies.
Die Redaktion hatte um Beiträge zum Thema „Towards a queer badouian feminism“ gebeten. Barberousse/Huneman bzw. Benedetta Tripodi ließen sich nicht lumpen und lieferten einen Aufsatz unter dem Titel „Ontologie, Neutralität und das Streben, nicht queer zu sein“, der prompt gedruckt wurde, obwohl er „absolut keinen Sinn“ ergibt, wie die Autoren bekräftigen.
Postmoderner Scharlatan
Damit wird die Werbeagentur, die unter dem Namen Badiou Studies firmiert, ebenso der Lächerlichkeit überantwortet wie Badious Spätmaoismus, der 2009 Terror als „Bedingung von Freiheit“ rechtfertigte. Derlei predigt Badiou nicht nur seiner Sekte als „kommunistische Hypothese“, sondern weltweit auf Bühnen, Podien, in Katalogen, Talkshows, Radiosendungen und Hörsälen. Als postmoderner Scharlatan mixt er aus Heidegger, Lacan und der mathematischen Mengenlehre (Cantor, Bourbaki) eine esoterische Metaphysik mit Klassenkampfgarnitur.
Den Erfolg von Badious Metaphysik im angelsächsischen und deutschen Sprachraum erklären sich die Autoren des Fakes mit der vorreflexiven Aura von „French Theory“. Vergleichbar sei deren Ruf mit dem von „Käse, Mode, Luxus und Wein“ aus Frankreich. Eine parodistische Rezeption hat er sich demnach verdient.
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