Wissenschaft in Großbritannien: Ein Schritt zurück nach Europa
Das EU-Programm „Horizon“ bietet wichtige Kooperationen. Durch den Brexit war Großbritannien raus – bis jetzt.
Die britische Teilnahme am europäischen auf 100 Milliarden Euro geschätzten „Horizon“-Programm, eins der wichtigsten kooperativen wissenschaftlichen Netzwerke der Welt, lag seit dem Brexit auf Eis. Der Grund dafür war insbesondere Uneinigkeit hinsichtlich der Regelungen zwischen Großbritannien und der EU über Nordirland.
Diese Streitpunkte konnten erst im vergangenen Februar unter Rishi Sunak, dem Nachfolger von Ex-Premierminister Boris Johnson, mit dem Windsor-Übereinkommen aus der Welt geschafft werden. Das war der Startschuss von Verhandlungen über die Rahmenbedingungen der britischen Mitbeteiligung an „Horizon“ – insbesondere eine Frage des finanziellen Beitrages des Vereinigten Königreichs.
Des Weiteren gab es technische Fragen, da „Horizon“ mitten in einer Programmphase steckt. Bis 2027 können sich britische Universitäten, wissenschaftliche Institute und Unternehmen nun an bereits laufenden Projekten mitbeteiligen, ab 2027 können sie sich für britisch geführte Projekte bewerben. Ausgenommen von dieser Entwicklung ist eine britische Mitgliedschaft an Euratom. Hier will die britische Regierung teilweise eigene Wege gehen.
Richtiger Deal
Premierminister Rishi Sunak sagte, er habe einen Deal geliefert, der britischen Wissenschaftler:innen erlaube, sich mit Zuversicht am größten Kooperationsprogramm der Welt zu beteiligen. „Wir haben mit unseren EU-Partner:innen gearbeitet, um sicherzustellen, dass dies die richtige Übereinkunft für das Vereinigte Königreich ist und damit Möglichkeiten für wissenschaftliche Forschung ohnegleichen eröffnet werden. Aber es ist auch der richtige Deal für britische Steuerzahler:innen.“
In einer Erläuterung zu diesem Punkt von 10 Downing Street heißt es, dass britische Steuerzahler:innen vor allem in den ersten Jahren nicht für jene zeitliche Periode aufkommen müssten, während der sich britische Wissenschaftler:innen wegen der Nichtmitgliedschaft in den vergangenen drei Jahren nicht an Projekten hätten beteiligen können.
Außerdem gäbe es ein neues finanzielles Rückerstattungsrecht, falls britische Wissenschaftler:innen, zumindest in den ersten Jahren der Mitgliedschaft, spürbar weniger aus dem Programm erhielten, als das Vereinigte Königreich in das Programm einzahle.
Die Rektorin und Biochemikerin der Oxford University, Irene Tracey, sagte der BBC, dass sie begeistert und dies ein sehr guter Tag für die britische wissenschaftliche Gemeinschaft sei. Endlich könnten sich britische Wissenschafler:innen wieder an der Formulierung und Führung von wissenschaftlichen Projekten mitbeteiligen. Auch viele Unternehmen würden von der Mitgliedschaft profitieren.
Politische Bedeutung
Verteter:innen zahlreicher Verbände und Organisationen – darunter der Verband britischer Universitäten, der Medizinverband, The Academy of Medical Sciences, die British Academy, der Ingenieursverband Royal Academy of Engineering, der Wissenschaftsverband The Royal Society und die Organisation Cancer Research – begrüßten die erneute Beteiligung am „Horizon“-Programm.
Der Zeitpunkt der Ankündigung dürfte einen politischen Aspekt haben. Am Mittwochnachmittag hatte die Labour-Partei eine Pressemeldung mit einer Sperrfrist bis Mittwochabend, 22.30 Uhr herausgegeben. Darin kündigte die Oppositionspartei an, dass Labour eine Beteiligung an „Horizon“ wiederherstellen werde, sollte die Partei die nächsten Nationalwahlen gewinnen.
Die Möglichkeit, sich nicht an dem Milliardenfonds beteiligen zu können, hatte Labour da noch als kriminell bezeichnet. Sunak ist dem nun zuvorgekommen. Im Vereinigten Königreich werden Nationalwahlen aller Wahrscheinlichkeit nach im Frühjahr 2024 stattfinden.
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