Wirtschaftsverhör: Mehr Arbeitsplatzbesitzer
■ Lohnverzicht per Tarifvertrag? - Interview mit Volker Hauff
Volker Hauff, SPD–Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Bonner Technologieminister, hat einen Vorschlag zur Lafontaine– Debatte. Er will zukünftig in Tarifverträgen auch die Lohnsumme einer Branche vereinbart haben. Wenn der darin festgeschriebene Verzicht auf Lohnzuwachs nicht für die Schaffung neuer Arbeitsplätze verwertet wird, sollen die Arbeitgeber diese Summe nicht etwa auf den eigenen Konten verschwinden lassen, sondern Lohnnachzahlungen leisten müssen. Die taz befragte Volker Hauff zu seiner Idee. taz: Warum haben Sie noch einen neuen Vorschlag in die Debatte gebracht? Hauff: Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist die Aussage vom DGB–Vorsitzenden Ernst Breit, daß der DGB nach den laufenden Tarifrunden zu Spitzengesprächen mit den Arbeitgebern und zu Opfern bereit ist, aber nur, wenn dann tatsächlich neue Arbeitsplätze entstehen. Dieser mutige Vorschlag wurde vom Präsidenten des Arbeitgeberverbandes Klaus Murmann so beantwortet, daß er grundsätzlich zu Spitzengesprächen bereit sei, aber die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen nicht verbindlich zusagen könnte. Das Risiko läge also wieder allein bei den Gewerkschaften, und mir ging es darum, den Arbeitgebern deutlich zu machen, jetzt muß von euch „Butter bei die Fische“. Wie garantiert Ihr Vorschlag mehr Verbindlichkeit? Neben den Instrumenten zur Verminderung der Arbeitslosigkeit, die wir schon haben, etwa der Arbeitsmarktabgabe, wollte ich aufzeigen, wie auch per Tarifvertrag aktive Arbeitsmarktpolitik gemacht werden kann. Vorbilder hierfür liefern die Stahl– und Automobilindustrie in den USA, wo Lohnverzicht und Arbeitsplatzgarantien ausgehandelt wurden. Ist angesichts der Produktivitätssteigerungen durch neue Technologien überhaupt noch genug Erwerbsarbeit für alle da, die Arbeit wollen? Ich bin fest davon überzeugt, daß für die überschaubare Zukunft die Erwerbsarbeit immer noch die wichtigste Form der Arbeit sein wird und daß deshalb Reformvorschläge auch genau hier ansetzen müssen. Bei Ihrem Vorschlag soll ja nun Verwendung von Verzichtsanteilen aus der Lohnsumme einer ganzen Branche kontrolliert werden. Setzt das nicht hochorganisierte Strukturen bei Kapital und Arbeit voraus? Fallen da nicht von vornherein das Handwerk, kleine und mittlere Unternehmen und Dienstleistungen raus, die alle nicht hochorganisiert sind, aber als die zukünftigen Wachstumsbereiche von Arbeitsplätzen gehandelt werden? Vielleicht, aber das muß nicht so sein. Aber mir geht es jetzt ja auch vor allem darum zu prüfen, wie der Vorschlag von Ernst Breit in die Realität umzusetzen ist, mit ein bissel Phantasie, wenns geht. Unterscheiden Sie sich von Herrn Lafontaine im Umgang mit den Gewerkschaften? Ist er offensiv und Sie sind defensiv? Glaube ich nicht, daß da ein Unterschied liegt. Wo denn? Ich möchte jetzt gar nicht Differenzen in den Vordergrund tun, sondern daß praktische Lösungen gefunden werden. Sind Sie Gewerkschaftsmitglied? Ja, in der IG Metall. Interview: Georgia Tornow McCASH FLOWS ORAKEL
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