Wirtschaftsspionage in China: Zehn Jahre Haft für Australier
Ein chinesisches Gericht hat vier australische Mitarbeiter des britisch-australischen Rohstoffkonzerns Rio Tinto wegen Spionage und Bestechung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
CANBERRA taz | Zehn Jahre - eine so hohe Haftstrafe hatte niemand erwartet. Die meisten Kommentatoren hatten prognostiziert, Stern Hu, Spitzenmanager des australisch-britischen Bergbaukonzerns Rio Tinto, müsse wohl für etwa drei Jahre ins Gefängnis. Drei chinesische Mitangeklagte, ebenfalls Mitarbeiter von Rio Tinto, kommen sieben, acht und 14 Jahre hinter Gitter. Der australische Außenminister Stephen Smith bezeichnete das Urteil als "sehr hart". Seine Regierung verurteile aber Bestechung, "wo auch immer sie begangen wird".
Die vier Verurteilten waren im letzten Juli in Schanghai verhaftet worden. Die Behörden behaupteten, Hu habe als Chefunterhändler für Rio Tinto für den Verkauf von Eisenerz Bestechungsgelder entgegengenommen und außerdem spioniert.
Schon damals meinten australische Beobachter, die Verhaftung sei "ein Akt der Rache" Chinas an Australien. Wenige Monate zuvor hatte Rio Tinto eine vereinbarte Milliardeninvestition eines chinesischen Metallkonzerns überraschend platzen lassen. Statt dessen unterzeichnete die Firma ein Abkommen mit dem ebenfalls britisch-australischen Rohstoffkonzern BHP Billiton. Für Peking war die Absage eine schwere Demütigung. Chinesische Medien bezeichneten Rio Tinto damals als "Prostituierte". Seither kriselt es in den Beziehungen zwischen Peking und Canberra.
Trotz Protesten der Australier führte das Gericht die Verhandlung größtenteils hinter verschlossenen Türen. Konsularbeamte erhielten kaum Zugang zu Stern Hu. Der soll schließlich gestanden haben, Bestechungsgeld entgegengenommen zu haben. Unter welchen Umständen es zum Geständnis kam, ist nicht bekannt.
Dieses Urteil dürfte die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern weiter unter Druck setzen. Allerdings sind die beiden Staaten auch voneinander abhängig. China braucht für sein rasantes wirtschaftliches Wachstum jährlich Millionen Tonnen Eisenerz und Kohle, die Grundprodukte für die Stahlherstellung. Der Export dieser Rohstoffe, von denen Australien noch Reserven für mehrere hundert Jahre im Boden hat, ist das Fundament des australischen Wohlstands. So betonte Außenminister Smith denn auch, trotz des Urteils sehe er die künftigen Beziehungen zu China nicht als belastet an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt