Wirtschaftsfaktor Riesenslalom: Papas Berg

Viktoria Rebensburg kann in Pyeongchang ihre dritte Olympiamedaille gewinnen. Ihr Vater ist stolz – auch auf den Skihang, an dem sie trainiert.

Viktoria Rebensburg fährt steil zum Hang

Viktoria Rebensburg in Garmisch-Partenkirchen Foto: ap

BAD WIESSEE taz | Einen Herrgottswinkel gibt es, jede Menge Holz an der Wand. Die „Skihütt’n“ sieht aus, wie man sich so etwas in Bayern vorstellt. An den Wänden hängen Bilder einer jungen Frau. Mal präsentiert sie Medaillen, mal Pokale. Hätten man nicht freie Sicht in die Küche und auf den Zapfhahn, man könnte glatt glauben, sich in einer Viktoria-Rebensburg-Kapelle zu befinden.

Die Riesenslalom-Olympiasiegerin von Vancouver 2000, die vor vier Jahren in Sotschi Bronze gewonnen hat, ist der sportliche Star des Tegernseer Tals. Am Donnerstag (ab 1.30 MEZ) könnte sie noch einmal eine olympische Plakette gewinnen. Die Form dazu hat sie. Nach gerade überstandener Krankheit wurde sie Zweite beim Weltcup in Lenzerheide. Nun will die 28-Jährige bei ihren dritten Spielen ihre dritte Olympiamedaille holen. Sie würde das nicht nur für sich machen. Es wäre ein Erfolg für das ganze Tegernseer Tal. Das meint zumindest ihr Vater Wolfgang.

Dem freundlichen Ingenieur aus Kreuth mit der gesunden Winterbräune im Gesicht sieht man den Stolz an, wenn er über seine Tochter spricht. Das Stüberl hinter Bad Wiessee am Fuße des Sonnenbichl-Hangs über dem Tegernsee würde es ohne sein Engagement vielleicht gar nicht geben. Viktoria ist seine Tochter, der Skihang, an dem die Hütt’n steht, so etwas wie sein Adoptivkind.

Das Skizentrum Sonnenbichl ist eine einmalige Einrichtung in den Alpen. Es ist ein Hang, der für den organisierten Skisport reserviert ist. Es ist ein Hang, mit dem der alpine Leistungssport im Tegernseer Tal am Leben erhalten werden soll. Der Mann hinter dieser Idee ist Wolfgang Rebensburg, seine Tochter die Botschafterin.

Der Hang ist alles andere als leicht zu fahren. Steil ist er, hat einen unangenehmen Übergang. Man muss schon gut Ski fahren können, um Spaß am Sonnenbichl zu haben. Das ist gewiss einer der Gründe, warum er nicht mehr rentabel zu betreiben war. Einst gehörte er zu einer Hotelanlage. Als der Tourismus im Oberland kriselte, weil man allzu verschnarchte Kurangebote nicht mehr an die Leute bringen konnte, ging es pleite. Die Gemeinde versuchte sich als Liftbetreiber. Gelohnt hat es sich nicht. Trotz fest installierter Schneekanonen und einer Flutlichtanlage, die das Skifahren bei Dunkelheit ermöglicht, kamen nicht genug Kunden. Dann kam die Idee für das Skizentrum.

Die ganze Familie macht mit

Die fünf Skivereine des Tegernseer Tals taten sich zusammen, gründeten den „Förderverein Schneesport“, holten sich Fördergelder von den Kommunen und legten los. „Wir wollten eine perfekten Grundlage für den Skisport errichten“, sagt Rebensburg. Perfekt, das heißt für ihn weltcuptauglich. In den 80er Jahren hat der Weltcup noch in Bad Wiessee Station gemacht. Der schwedische Supertechniker Ingmar Stenmark hat hier gewonnen. An diese Zeiten will der Förderverein anknüpfen.

Am Fuß des Hangs steht ein nagelneues Gebäude. Da ist nicht nur die Technik für die Schlepplifte untergebracht. Es dient auch als Zeitnehmerhaus. „Alles auf dem neuesten Stand“, sagt Rebensburg. 1,3 Millionen Euro habe man seit der Eröffnung investiert. „Da standen früher nur ein paar Bretterbuden“, erinnert sich Rebensburg. Im jüngsten Gebäude ist das Stüberl untergebracht, das von Dagmar Rebensburg betrieben wird, Viktorias Mutter. Da steht auch die Pistenraupe.

Der Tegernsee ist Bayerns Lago di Bonzo. Dem teuren Skisport wird es recht sein.

600.000 Euro hat das Gebäude gekostet. „Da steckt auch viel Eigenleistung von Handwerksbetrieben drin“, sagt Wolfgang Rebensburg. „Und wer ehrenamtlich mitbaut, der achtet auch darauf, dass es besonders gut wird.“ Da ist er wieder, der Stolz in seinem Gesicht. Mit den Beiträgen der 400 im Verein organisierten Mitglieder allein lässt sich das nicht stemmen. Ein Automobilhersteller ist Namenssponsor des Hangs. Etliche Firmen aus der Region zahlen regelmäßig. „Und dann gibt es hier im Tal ja auch wohlhabende Menschen, die es gut mit uns meinen“, sagt Rebensburg. Er muss grinsen. Die beste Presse hatte der Sonnenbichl-Hang, als Uli Hoeneß, der nicht weit von Bad Wiessee zu Hause ist, sich bei einem Charity-Event an den Grill gestellt hat oder bei der Weihe der neuen Pistenraupe das Steuer des mächtigen Gefährts übernommen hat. Der Tegernsee ist Bayerns Lago di Bonzo. Dem teuren Skisport wird es recht sein.

Der kann Unterstützung brauchen. Immer mehr Familien gebe es, in denen nicht Ski gefahren werde. Und der Klimawandel sei auch nicht zu leugnen. Rebensburg sagt: „Der Skisport war doch hier immer zu Hause.“ Er denkt mit Dankbarkeit an die Erfolge seiner Tochter. Das ist der Grund, warum er sich am Sonnenbichl engagiert. „Ich möchte dem Tal etwas zurückgeben.“ Dieser Tage fehlt er in Bad Wiessee. Er ist in Pyeongchang.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.