piwik no script img

Wirtschaft wächst nicht mehr

Nullwachstum im zweiten Quartal 2001 verglichen mit dem ersten. Finanzminister führt dies auf externe Faktoren zurück. Wirtschaftsweiser sieht keine Rezessionsgefahr

WIESBADEN ap ■ Das Wirtschaftswachstum in Deutschland ist im zweiten Quartal 2001 zum Stillstand gekommen. Gegenüber dem ersten Vierteljahr legte das Bruttoinlandsprodukt überhaupt nicht mehr zu, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden gestern mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresquartal wuchs die Wirtschaft um 0,6 Prozent – das war die geringste Zunahme seit vier Jahren.

Die Bundesamt berichtet weiter, dass das Wirtschaftswachstum in der ersten Jahreshälfte bei 1,0 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2000 lag. Zum Wachstum im zweiten Quartal 2001 hätten privater und staatlicher Konsum mit je 1,2 Prozent sowie ein höherer realer Außenbeitrag beigetragen. Dagegen seien die Bruttoinvestitionen gegenüber dem Vorjahresquartal zurückgegangen (minus 5,8 Prozent). Die Gründe lägen bei den rückläufigen Bauinvestitionen, dem Abbau der Vorräte und dem nur mäßigen Anstieg der Ausrüstungsinvestitionen. In den ersten drei Monaten 2001 war die deutsche Wirtschaft noch um 1,4 Prozent gewachsen.

Das Bundesfinanzministerium führt die Entwicklung auf „externe Faktoren“ zurück: Die deutliche Wachstumsverlangsamung in den großen Industrieländern treffe Deutschland wegen seines vergleichsweise hohen Exportanteils in Nicht-EU-Länder besonders. So habe sich inzwischen auch die Investitionskonjunktur deutlich abgekühlt. Der private Konsum erhole sich dagegen etwas. „Die Inlandsproduktsberechnungen des Statistischen Bundesamtes zeigen ohne Zweifel, dass die Risiken für die Konjunkturentwicklung nicht kleiner geworden sind.“ Die Wirtschaft könne jedoch wieder zulegen, „falls die Weltwirtschaft – wie allgemein erwartet, ausgehend von den USA – wieder erstarken sollte“.

Der Wirtschaftsweise Horst Siebert führt die Entwicklung vor allem auf die Abkühlung der US-Konjunktur und den Preisanstieg zurück. Es sei aber auch versäumt worden, die Bedingungen für mehr Dynamik zu schaffen. Eine Rezession befürchtet der Experte dennoch nicht. Der französische Wirtschafts- und Finanzminister Laurent Fabius machte unterdessen in einem Interview die Abschwächung in den USA, die „japanische Flaute“ und die „Trägheit unseres deutschen Partners“ für den Wachstumsrückgang auch in Frankreich verantwortlich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen