Wirtschaft im Aufschwung: USA droht Rückfall
Der US-Aufschwung holpert, die Notenbank Fed könnte die Notenpresse wieder anwerfen. Deutsche Börsianer erwarten trotzdem, dass es hier weiter aufwärts geht.
Die US-Wirtschaft wächst, die Aktienkurse an der Wall Street legen zu - die Finanzkrise muss wohl vorbei sein. Wirklich? Wahr ist, dass die Wachstumsrate in den USA im zweiten Quartal immer noch bei 2,4 Prozent lag nach immerhin 3,7 Prozent in den ersten drei Monaten des Jahres. Die Kehrseite davon ist, dass bei den Leuten davon nichts ankommt. Die Arbeitslosenquote liegt bei 9,5 Prozent - in einem Land mit nur rudimentärem Sozialsystem ein enormer Wert.
Die Zahl der Beschäftigten war im Juli nach Angaben des US-Arbeitsministeriums um 130.000 gesunken. Dass der Rückgang nicht noch viel schlimmer ausfiel, dürfte nur daran liegen, dass 180.000 Amerikaner aus der Statistik verschwunden sind - vermutlich weil sie die Jobsuche aufgegeben haben. Dabei müsste die Zahl der Arbeitsplätze angesichts einer wachsenden Bevölkerung zunehmen und nicht schrumpfen.
Für eine Volkswirtschaft, deren Konjunkturmotor durch den privaten Konsum angetrieben wird, verheißt das nichts Gutes. "Der Weg zu einer wirtschaftlichen Erholung verläuft nicht geradlinig", sagte US-Präsident Barack Obama entschuldigend.
Ende Juli hatte die Notenbank Fed in ihrem als Beige Book bekannten Konjunkturbericht vermerkt, dass das Wachstum in einigen Regionen zu schwächeln beginnt und der Immobilienmarkt weiter am Boden liegt. Gerade erst musste der Hypothekenfinanzierer Freddie Mac wegen anhaltender Verluste neue Staatszuschüsse beantragen. Am Montag meldete die Fed von San Francisco, sie sehe in den kommenden zwei Jahren eine "erhebliche" Gefahr für einen erneuten Rückfall in die Rezession. Der oberste Notenbanker Ben Bernanke hatte den Ausblick zuvor als "ausgesprochen unsicher" bezeichnet. Vor dem US-Kongress sagte er, die Fed "steht bereit und wird handeln", wenn die Wirtschaft Hilfe brauche.
Anders als bei der Europäischen Zentralbank gehört zu den Aufgaben der Fed neben der Bekämpfung von Inflation auch die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Angesichts der neuesten Hiobsbotschaften vom Arbeitsmarkt fragen sich die Amerikaner, ob die Fed wieder die Notenpresse anwirft. Konkret würde das die Form von Wertpapierankäufen annehmen: Indem die Notenbank den normalen Geschäftsbanken Wertpapiere abkauft, erhalten diese Geld, das in den Wirtschaftskreislauf fließen soll. Viel mehr kann die Fed auch nicht mehr tun, die schon fast 1,7 Billionen Dollar in die US-Wirtschaft gepumpt hat. Der Leitzins, derzeit bei einem Korridor zwischen 0 und 0,25 Prozent angelangt, kann schließlich nicht unter null gesenkt werden.
Im Vorfeld der Fed-Sitzung am Dienstag legten die Kurse von US-Aktien schon mal zu Obwohl kaum jemand damit rechnet, dass die Notenbanker schon jetzt aktiv werden, hofften Investoren zumindest auf ein einigermaßen eindeutiges Statement, dass sie demnächst eingreifen, um die Wirtschaft zu stärken.
Das könnte auch für Deutschland interessant werden. Hierzulande verdiente die Industrie im Juni zwar 10,7 Prozent mehr als vor einem Jahr, wie das Statistische Bundesamt meldete. Aber das liegt allein am boomenden Außenhandel. Trotz dieser hohen Abhängigkeit vom Wohl und Wehe der Weltwirtschaft gehen die Börsianer in Deutschland noch davon aus, dass es weiter aufwärts geht. Einer Umfrage zufolge ist die Stimmung bei ihnen so positiv wie zuletzt Anfang 2008. Der Grund laut dem privaten Forschungsinstitut Sentix: "Es mehren sich die Stimmen, dass sich die US-Wirtschaftsschwäche nicht ganz so stark auf Euroland auswirken könnte."
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