■ Mit den besetzten Gebieten auf du und du: Wirtschaft am Boden
Berlin (taz) – Die wirtschaftliche Situation in den von Israel besetzten Gebieten ist immer noch weitaus schlechter als vor Beginn des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses. Das ist das ernüchternde Fazit des neuesten Berichts über die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in Westjordanland und im Gaza-Streifen, den das Büro des „Speziellen Koordinators der Vereinten Nationen in den besetzten Gebieten“ (Unsco) veröffentlicht hat.
Der zum zweitenmal erscheinende Bericht stützt sich auf neue Daten des Palästinensischen Zentralbüros für Statistik zu den besetzten Gebieten ohne Ostjerusalem und die jüdischen Siedlungen. Er zeigt die verheerenden Folgen der Abriegelung der besetzten Gebiete durch Israel. So lag nach neuesten Schätzungen das Bruttosozialprodukt in Westjordanland und im Gaza-Streifen Ende 1996 real immer noch fast zwanzig Prozent unter dem Vergleichswert von 1992, dem letzten Jahr vor der Abriegelung.
In den besetzten Gebieten leben gegenwärtig rund 2,5 Millionen Menschen, davon 1,5 Millionen in Westjordanland und eine Million im Gaza-Streifen. Das Bruttosozialprodukt pro Kopf fiel zwischen 1992 und 1996 real um 36 Prozent. Auffällig ist der starke Rückgang der privaten Investitionen – von 27 Prozent des Bruttoinlandprodukts 1992 auf unter sieben Prozent 1996. Der Rückgang konnte durch den Anstieg öffentlicher Investitionen, vor allem in Form international finanzierter Infrastrukturprojekte, nicht aufgefangen werden. Dagegen verdoppelte sich der Anteil des öffentlichen Konsums von elf auf zwanzig Prozent des Bruttoinlandprodukts – eine Entwicklung, die den personellen Ausbau der Autonomiebehörden widerspiegelt.
Nach neuesten Schätzungen des Palästinensischen Zentralbüros für Statistik lag die Arbeitslosenrate Ende 1996 wieder bei rund zwanzig Prozent. Diese Stabilisierung wurde jedoch mit stark gefallenen Löhnen erkauft.
Die verheerenden Folgen der vollständigen Abriegelung der besetzten Gebiete im März 1996 konnten in der zweiten Jahreshälfte aufgefangen werden. Ein dauerhafter Aufschwung müßte sich nach Meinung der Autoren allerdings auf ein Wachstum von Industrie und Landwirtschaft stützen. Vor allem aber setzt er eine Lockerung der Abriegelungspolitik voraus. Christian Esch
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