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Wirklichkeitsbildung

■ Schulpolitik hier und heute: Seifenblase trifft auf Realität und platzt

Klar ist, nichts ist klar: Schulpolitik besteht dieser Tage in erster Linie aus Seifenblasen, die zerplatzen, sobald sie auf die harte Realität prallen. Da ist beispielsweise die Sache mit dem Abitur nach 12 Jahren: Ab Sommer und an Gymnasien und Gesamtschulen hatten Schulpolitiker von FDP, CDU und Schill-Partei am Sonntag beschlossen.

Nein, erst einmal nur an Gymnasien, ruderte der Sprecher von FDP-Schulsenator Rudolf Lange schon Montag zurück. Und im gestrigen Schulausschuss machte Staatsrat Lange deutlich, warum es das Abitur an Gesamtschulen vermutlich auch langfristig erst nach den gewohnten 13 Jahren geben wird: „Das Gymnasium in acht Jahren zu schaffen, kos-tet 250 neue Lehrerstellen, die wir vorstrecken müssen.“ Denn der gleiche Stoff in weniger Jahren bedeutet mehr Unterricht pro Woche. „An Gesamtschulen aber sortieren wir ja nicht nach Haupt-, Real- oder Gymnasialzweig“, fügte Landessschulrat Peter Daschner hinzu. Der Senator selber war zur konstituierenden Sitzung des Ausschusses gar nicht erschienen. „Urlaub für den Mehrfachbelasteten“, lautete die Entschuldigung.

Die von der neuen Koalition als Erfolg verkauften 180 neuen Lehrerstellen sind offenbar nur zur Hälfte neu: 100 davon hatte schon der alte Senat beschlossen. Und wieviele davon für den verdichteten Unterricht sind, ist ebenfalls noch unklar. Ebenso wie die Aufhebung der Lehrmittelfreiheit: Zwar stehen schon mal Einnahmen im Haushaltsentwurf, aber noch ist unklar, wie die Eltern die Bücher ihrer Kinder bezahlen sollen. Und vor allem, wie man verhindert, dass darunter die sozial Bedürftigen leiden. Gutscheine wird es nicht geben. Staatsrat Lange erinnert sich noch gut an deren belastende Wirkung: „Ich musste mir früher auch vom Lehrer so einen Zettel geben lassen, der bescheinigte, dass ich nicht doof, aber bedürftig bin.“ san

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