Vorlauf: Wir schnappen mit
■ betr.: "Eine Frau wird gejagt"
„Eine Frau wird gejagt“, 20.15 Uhr, RTL – Fahles Licht, sphärische Musik, kein Wort wird gesprochen, nur die Handschellen klicken unheilverkündend. Noch einmal darf die Tatverdächtige das Gefängnis verlassen, um an der Beerdigung ihres erschossenen Ehemannes teilzunehmen. Kummervoll blicken die dunklen Augen hinter dem Witwenschleier, der Mund ist zwecks sinnlicher Ausstrahlung meist leicht geöffnet – sieht so eine Mörderin aus? Nein, denkt der Zuschauer. Doch, sagt der Hamburger Hauptkommissar Helmut Gross, für den der Mordfall schon aufgeklärt ist. Aber die des Gattenmordes bezichtigte Chris Belling kann auch ein ziemliches Biest sein. Ganz cool trickst sie die Kripo aus und flieht aus dem Polizeigewahrsam. Die Jagd kann beginnen.
Schon in dem 90minütigem Pilot gönnt Regisseur Vadim Glowna seiner Hauptdarstellerin Nicola Tiggeler kaum eine Verschnaufpause. Nur um Haaresbreite entkommt sie ihren Verfolgern, allen voran dem hartnäckigen Kommissar (Alexander Radzun). Gejagt wird die Frau, die doch nur ihre Unschuld beweisen will, zusätzlich von mysteriösen Gangstern, die eine obskure Klinik betreiben. Und die Presse, in Gestalt eines feisten Reporterfieslings (Heinz-Werner Kraehkamp), ist ihr auch noch auf den Fersen.
Fünf höchst dramatische Fluchten unterbreitet uns allein der Pilotfilm, wobei Chris mal die Waffen einer Frau, dann wieder ihre Sportlichkeit einsetzt. Und wo das alles nichts mehr nützt, kommt in letzter Sekunde ein gutmütiger Lkw-Fahrer als rettender Engel des Weges. Im Film ist eben alles erlaubt.
Tatsächlich macht der Thriller eher den Eindruck eines Kinofilms, als den eines lieblosen Serienmassenprodukts. Die Kamera ist immer ganz dicht dran, gnadenlos registriert sie jedes Wimpernzucken der Darsteller und legt sogar die Alpträume der unschuldig Gejagten bloß. Da kann sich der Zuschauer nicht entziehen. Wenn Chris in der Klinik fast wahnsinnig vor Durst nach der Schnabeltasse schnappt, schnappen wir mit. Und natürlich bleibt über Wochen ungewißt, wer am Ende als Mörder geschnappt wird. Weil es eben doch eine Serie ist.Anne Winter
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