■ Wir bauen die Hauptstadt: Der Bundesrat hat für mich Bedeutung
Sim Zimnol, 41 Jahre. Ich komme aus Walcen in Oberschlesien. Das ist in Polen. Auf der Bundesratsbaustelle bin ich seit fünf Monaten. Das ist eine besondere Baustelle, weil es hier um einen alten Bau geht. Man weiß nie, was passieren wird, wenn man die alten Räume verändert. Das ist viel schwerer als am normalen Bau. Es gibt fünf Stockwerke. Da muß ich immer rauf und runter.
Der Deutsche Bundesrat hat für mich eine Bedeutung. Ich bin stolz darauf, daß ich das hier machen kann. Wenn ich einmal später nach Berlin komme, dann kann ich sagen, da war ich auch drin und habe gearbeitet. Solche sind die wichtigsten Baustellen im Leben. Der Bundesrat hat etwas mit Demokratie zu tun, und die finde ich gut. Man hat heute viel mehr Freiheit und kann aus Polen herausfahren, zum Beispiel nach Deutschland. Jeder hat hier seine eigene Meinung und kann sie auch sagen.
Nur für meine Familie in Polen ist es schwer. Ich bin nur am Wochenende zu Hause. Immer wenn ich komme, gibt es ein feierliches Essen. Letzten Freitag gab es Pizza. Dazu werden Kerzen angezündet. Unsere ganze Familie ist sehr gläubig. Jeden Sonntag gehen wir in die Kirche. Das ist Tradition. Wir sind Katholiken. Ich finde, wir glauben an etwas Gutes und das hilft im Alltag. Meine Tochter ist 8 Jahre und mein Sohn 17 Jahre. Mein Sohn fängt jetzt auch mit dem Bau an. Bevor ich vor über einem Jahr nach Berlin gekommen bin, war ich in Westdeutschland. Ich bin stolz, hier zu sein. Es ist die größte Stadt, in der ich je war. Allerdings wohne ich in einem Wohnheim in Marzahn. Damit muß man leben. Im Wohnheim und auf der Baustelle sind nicht nur Leute aus unserem Land, sondern auch Türken und Russen. Das ist eine internationale Baustelle. Wir verstehen uns. Nur beim Arbeiten gibt es Unterschiede. Die italienischen und portugiesischen Maurer, die sind nicht so gut. Polen sind richtig gute Handwerker. Ich bin Polier und habe vierzig Leute unter mir. Unsere Truppe ist fleißig, macht gute Arbeit.
Das Preußische Herrenhaus an der Leipziger Straße wurde zwischen 1899 und 1904 als Sitz der ersten Kammer des Preußischen Landtages errichtet. Das Herrenhaus enthielt neben dem Sitzungssaal Verwaltungsräume und die Dienstwohnungen der Präsidenten. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das Gebäude 1934 dem benachbarten Reichsluftfahrtministerium angegliedert und in „Preußenhaus“ umbenannt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude schwer beschädigt. Nach dem Wiederaufbau nutzte die Akademie der Wissenschaften der DDR die Räume. Die Grundsanierung kostet rund 200 Millionen Mark. Annette Rollmann
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