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Windkraftwerk in ÄgyptenFördergeld für Storchschredder

Vogelschützer kritisieren ein Windkraftwerk, das mit deutschem Staatsgeld gebaut werden soll. Tausende Störche könnten mit den Rotoren zusammen stoßen, fürchtet der Nabu.

Durch deutsche Technik in Gefahr? Bild: ap

BERLIN taz Der Naturschutzbund (Nabu) kämpft jetzt auch in Ägypten gegen Windräder: vorerst kein Geld der staatlichen KfW Entwicklungsbank aus Frankfurt für das geplante Kraftwerk Gabal el-Sait!, fordert der Verband. Die Umweltschützer befürchten, dass Weißstörche und Greifvögel bei ihrem Flug von und nach Afrika mit den Windrädern kollidieren könnten. Das müsse genauer als bisher untersucht werden, bevor die Deutschen Teile des von mehreren europäischen Gebern versprochenen Betrags in dreistelliger Millionenhöhe nach Ägypten überweisen. Ihre Begründung: Die Anlage soll direkt auf einer der weltweit wichtigsten Routen für Zugvögel stehen.

Laut Nabu fliegen allein 600.000 Weißstörche auf ihrem Weg zwischen den afrikanischen Winterquartieren und den Brutgebieten in Europa und Asien am Berg el-Sait nördlich des Urlaubsorts Hurghada vorbei. Auch die meisten osteuropäischen und asiatischen Schwarzstörche nutzen diese Route. Besonders bei den Weißstörchen rechnet der Nabu deshalb mit "erheblichen Verlusten" an dem geplanten Kraftwerk: Wegen des starken Winds in der Region könnten sie schwer manövrieren und müssten sehr niedrig fliegen - sozusagen in Rotorhöhe.

Aber sollten die Naturschützer nicht froh sein, dass Ägypten auf Windkraft setzt? Bedroht der Klimawandel die Störche nicht stärker als ein paar Windräder? "Wir sind für den Ausbau erneuerbarer Energien", sagt Nabu-Storchenexperte Kai-Michael Thomsen. "Aber es kommt auf den Standort an."

Die KfW weist die Forderung der Umweltschützer zurück. Sie argumentiert mit einer Studie, in der die Planer des Projekts bereits untersucht haben, wie sich das Kraftwerk auf die Vögel auswirken könnte. Danach hätten die Deutschen Ägypten davon überzeugt, auf 60 Prozent des ursprünglich vorgesehenen Baugebietes zu verzichten. Dazu hat sich die Regierung in Kairo laut KfW schriftlich verpflichtet. Statt zuvor 3.000 Megawatt (MW) solle die Anlage nun nur noch 420 MW produzieren. "Ein Windpark auf der jetzt ausgewählten Fläche gefährdet den Vogelzug nicht", erklärt KfW-Sprecherin Charis Pöthig.

Nabu-Experte Thomsen sieht das anders: "Auch dort gibt es erheblichen Vogelzug." Die KfW-Studie ist Thomsen zu ungenau. Jetzt müsse ein weiteres Gutachten her, wie der Windpark am el-Sait so gebaut werden kann, dass Vögel nicht gefährdet sind - oder ein anderer Standort muss gefunden werden.

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4 Kommentare

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  • BW
    bernhard wagner

    Hallo Horst, ich bin dafür, dass Europa energiepolitisch unabhängiger wird (Abhängigkeit von Ressourcen ist ja schon lange Gegenwart, z.B. vom Erdöl) v.a. von Staaten, die noch weniger demokratisch sind, als gegenwärtig die Staaten der EU

    - diese sind zwar in vieler Hinsicht eher scheinheilig, v.a. bzgl. des Profits von Ausbeutung der Ressourcen im Rest der Welt, aber in der Gegenwart das eindeutig kleinere Übel im Vgl. zu den Staaten Nordafrikas und der arab. Halbinsel, bzgl. Mindeststandards an Menschenrechten - vgl. www.amnesty.de oder terre des femmes www.frauenrechte.org u.a. zu diesen Fragen, von weibl. "Beschneidung" bis hin zu Folter und anderen Dingen, inkl. der extrem ungleichen Verteilung von Bildung, pol. Macht, Kapital etc. (noch extremer als in der EU).

     

    Osmose-/Salzkraftwerke, Windkraft, Photovoltaik, Wasserkraft- inkl. Meeresströmungskraftwerke für Nord- und Mitteleuropa und dazu Parabolrinnensolaranlagen in Südeuropa, plus starke Energieeffizienzsteigerung und Einsparungen halte ich deshalb für besser als dieses Club of Rome Projekt.

     

    Bzgl. der genannten Staaten bin ich für einen offenen Dialog (inkl. grundsätzlicher Bereitschaft zur Selbstkritik aller Beteiligten).

  • H
    Horst

    Mehrere Anmerkungen:

     

    + Mit der Überschrift "Strochschredder" versucht die taz wohl wieder in die Fußstapfen der Konkurrenz am anderen Ende der Rudi-Dutschke-Str. zu treten ...

    + Gebaut werden soll die Anlage offensichtlich nicht mit Entwicklungshilfemitteln sondern mit Krediten der KWK ...

    + Strom ist mit Windkraftanlagen heute wesentlich günstiger zu produzieren als mit solarthermischen Anlagen, insbesondere, wenn die Windverhältnisse so günstig sind wie am Roten Meer mit bis zu 6.000 Volllaststunden (in der Nordsee bis zu 2.500). Windparks an jener Stelle könnten daher den CO-2-Ausstoß Ägyptens kurzfristig stark senken (wobei wie bei allen Eingriffen in die Natur natürlich die Naturschutzbelange zu berücksichtigen sind).

    + Zusammen mit solarthermischen Anlagen könnten die Windparks zudem Teil einer transmediteranen Stromversorgung werden und damit auch zur CO-2-freien Stromversorgung Europas beitragen, s. http://www.desertec.org/de/

    Dem taz-Leser werden Konzepte dieser Art nicht bekannt sein, da die taz-Umweltredaktion beharrlich solche großräumigen Konzepte ignoriert und damit ein längeres Überleben der fossil-atomaren Stromerzeugung in Europa und Nordafrika in Kauf nimmt ...

    Schade.

  • K
    Ked

    Ich frage mich irgendwie, weshalb die Deutschen überhaupt so viele Entwicklungshilfegelder für ein Land ausgeben, das eigentlich genügend Multimillionärsfamilien, sogar Multimilliardäre hat.

     

    Davon abgesehen favorisiere ich ein ganz anderes Projekt: Von Nuwashut in Mauretanien bis Timbuktu in Mali, und von Dakhla in der marokkanisch besetzten Westsahara bis zum Tschad-See riesige Wasserpipelines oder -kanäle bauen/legen, dazu solartechnische Meerwasserentsalzungs-Anlagen, und die Wüste für (Bio)Landbau fruchtbar zu machen, entlang der beiden Strecken.

     

    Es könnten an einem breiten Küstenstreifen zusätzlich Bäume/Sträucher Trockenholz angebaut werden, das Europas Energiebedarf zu decken helfen würde, nämlich für Anlagen für Biomasse der sogenannten "zweiten Generation".

  • A
    Anne

    Ja, mehr als die Hälfte der deutschen Entwicklungshilfegelder für Förderung Erneuerbarer Energien geht nach Nordafrika, speziell für Windanlagen in Marokko, Ägypten etc. (nicht etwa für Solaranlagen, und nicht gleichmäßig auf den Kontinent verteilt).

     

    Ausgerechnet in einem Durchflugsgebiet von Störchen Windparkanlagen zu bauen, und das in einem Land, das auf seinen Wüstenflächen mit modernen Solar!-Anlagen etwa ähnlich dem Typ von Andasol (in Südspanien gebautes Parabolrinnenkraftwerk) sogar ein Mehrfaches des gesamten afrikanischen und europäischen Strombedarfs erzeugen könnte, das kann wohl nur einer irgendwie verfilzten Clique einfallen, die offenbar an den Windrädern dort viel Geld verdient (aber an Solaranlagen weniger verdienen würde).