Willkommensklassen in Berlin: Kein Platz für Integration
Weil es nicht genügend Willkommensklassen für Geflüchtete gibt, wird das Deutschlernen zunehmend in Heime verlegt. Oder - wie in Tegel - in Container.
Gleichzeitig kommen weiterhin viele Geflüchtete in die Stadt: In diesem Jahr sind es laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) bereits 6.500 Ukrainer*innen und knapp 4.000 Asylbewerber*innen.
Die Antwort der Politik: Unterrichtsmöglichkeiten in den Heimen selbst schaffen. Eigentlich will das niemand, weil es nicht im Sinne der Integration ist, doch offenbar sieht man inzwischen keine andere Möglichkeit mehr. Derzeit würden im Ankunftszentrum (Akuz) Tegel, wo rund 600 Kinder und Jugendliche nicht zur Schule gehen, Container aufgebaut um „eine Art Willkommensklasse“ einzurichten, erklärte LAF-Sprecher Sascha Langenbach der taz. „Das ist nötig, weil die Verweildauer in Tegel inzwischen etwa vier Monate ausmacht.“ Martin Klesmann, Sprecher der neuen Bildungssenatorin der neuen Bildungssenatorin Katharina Günter-Wünsch (CDU) betont jedoch, in den Containern sei kein Unterricht geplant, sondern „Sprungbrett- und Fit für die Schule-Angebote“.
Bislang gelten die Kinder im Akuz offiziell nicht als schulpflichtig, bis sie in eine reguläre Unterkunft vermittelt werden. Weil es aber auch Mangel an solchen Gemeinschaftsunterkünften gibt, bleiben die Ukrainer*innen immer länger in Tegel.
Deutsches Rotes Kreuz bietet Kurse an
Auch die Betreiber*innen von Unterkünften für Geflüchtete machen sich zunehmend daran, vorschulische Betreuung für Kinder zu organisieren. Im Akuz Tegel bietet laut Langenbach das Deutsche Rote Kreuz jetzt Deutschlernen für 5- bis 8-Jährige. Insgesamt erhalten von den auf einen Schulplatz Wartenden laut Bildungsverwaltung gut 600 Kinder und Jugendlich in den Heimen „schulvorbereitende Angebote“ wie „Fit für die Schule“.
Die Gemeinschaftsunterkunft des Betreibers CityOne in Spandau hat einen pensionierten Lehrer gefunden, der dort seit einigen Monaten Deutsch unterrichtet. Hier sei das Angebot aber zusätzlich zum Besuch der Willkommensklassen, denn bislang habe man es geschafft, für die etwa 100 Kinder Plätze in Schulen der Umgebung zu finden, erzählt die Leiterin der Einrichtung Ainura Asakeeva bei einem Pressetermin am Mittwoch.
Im Hof der Einrichtung in einem Gewerbegebiet ist an diesem Tag eine Hüpfburg aufgebaut, es gibt Kinderschminken und einen Zauberer. Das kleine Spektakel wurde organisiert, um die Übergabe von fünf Tablets mit Deutschlern-App der Stiftung Fairchance zu zelebrieren. Jale Degirmenci, die Chefin von CityOne, einem Unternehmen aus der Hotel- und Immobilienbranche, das nun auch zwei Flüchtlingsheime in Berlin betreibt, betont in ihrer Rede, „das Erlernen der deutschen Sprache ist der Schlüssel der Integration“.
Der Sprecher des LAF bedankt sich beim Betreiber für sein Engagement fürs Deutschlernen, auch die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Bildungsstadträtin Carola Brückner (SPD) lobt die „enge und vertrauensvolle „Zusammenarbeit“ und wie wichtig es sei, dass der „Neustart“ der Geflücheten „sozial begleitet“ wird.
Es wird immer enger
Im anschließenden Gespräch mit der taz gibt Brückner jedoch zu, dass ihr die Entwicklung große Sorgen mache. Sie wisse nicht, ob der Bezirk „mithalten kann mit den steigenden Flüchtlingszahlen“, in Spandau warteten bereits 70 Kinder auf einen Schulplatz, drei neue Willkommensklassen seien im Aufbau – aber wenn noch mehr gebraucht würden, werde es eng.
Und es werden mehr gebraucht werden: Direkt angrenzend an das Heim, wo jetzt 310 Ukrainer*innen leben, zieht CityOne ein zweites Gebäude hoch. Laut Degirmenci soll es ein achtstöckiges Hotel werden, aber zunächst würden dort 400 bis 500 Geflüchtete Platz finden. Auf Bitten des Bezirks, so die Unternehmerin, werde man im Erdgeschoss jetzt auch Platz für Seminarräume schaffen. Brückner bestätigt das: „Es ist gut, wenn in Einrichtungen Platz fürs Deutschlernen ist.“
Anmerkung: Die Aussagen der Bildungsverwaltung wurden nachträglich eingefügt, da sie zu Redaktionsschluss zunächst nicht vorlagen.
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