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Wieso wehrmachtsveteranen so viele zuhörer habenMänner erzählen vom Krieg

Foto: Jungsfoto: dpa

Im Nazi-Treffpunkt „Thinghaus“ am Stadtrand von Grevesmühlen waren am vergangenen Sonntag zwei Zeitzeugen eingeladen, um über „das Leben und Kämpfen in harten Zeiten“ zu erzählen. Wochenlang hatte Betreiber Sven Krüger die Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Vorträge im Norden“ beworben. Dass mehr als 100 Besucher den zwei freiwilligen Veteranen der 3. und 18. Divisionen der Wehrmacht zuhören wollten, dürfte aber vor allem der Situation geschuldet sein, dass auch der rechtsextremen Szene so langsam ihre Zeugen aus der Erlebnisgeneration sterben.

Mit solchen Vorträgen sollen Kampfgeist und Kameradschaft der Rechtsextremen beschworen werden – und das passt gut ins „Thinghaus“, das der Verfassungsschutz seit Jahren als „Beispiel für die Vernetzung von NPD, Neonazis und struktureller rechtsextremer Szene“ führt.

In den Zeitzeugen-Vorträgen wird die Vergangenheit beschönigt und sie sind zugleich ein Identifikationsangebot für die jungen Nazi-Kameraden von heute. Damals Wehrmachtssoldat, SS-Mann, heute Partei-Soldat oder „Nationaler Freiheitskämpfer“. Gerne werden diese Zeitzeugen auch zu Aufmärschen als Redner eingeladen. Aussteiger aus der rechten Szene berichten immer wieder, wie beeindruckend solche Begegnungen mit Zeitzeugen für sie gewesen seien.

Andreas Speit

arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Das Zentrum in Grevesmühlen gibt es jetzt seit sieben Jahren. Ihr Motto: „Im ‚Thinghaus‘ ist jeder zu Hause, dem Begriffe wie Vaterland und Freiheit noch nicht fremd geworden“ seien. Die NPD unterhielt im selben Gebäude ein Bürgerbüro als sie noch Mandate im mecklenburg-vorpommerischen Landtag hatte. Heute hat der Kreisverband Westmecklenburg hier sein Büro. Eine Anfrage der Linken im Schweriner Landtag offenbarte, das allein im vergangenen Jahr in dem Gebäude 16 polizeilich erfasste Veranstaltungen stattfanden. Mittlerweile beobachten Beamte die Veranstaltungen.

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