Wiedergeburt von "ML Mona Lisa": Geschlechtsneubestimmung mit 23
23 Jahre ging es um Frauen und was sie bewegt. Jetzt wird aus dem ZDF-Frauenmagazin "ML Mona Lisa" eins für "Frauen, Männer und mehr" (Sa., 18 Uhr).
Als es losging, gab es Roastbeef. Damals, 1988, regierte Helmut Kohl, keine Kanzlerin, die Elternzeit für Männer gab es noch nicht, genausowenig wie Soldatinnen in der Bundeswehr. Was es gab war Roastbeef, gekocht von Jahrhundertkoch Paul Bocuse in der Premiere des "ersten bundesweit ausgestrahlten Frauenjournals" im ZDF: "ML Mona Lisa". Mehr Aufmerksamkeit für Frauenthemen sollte es bringen, einen anderen Blickwinkel, erstmal hagelte es aber Kritik: Zu seicht, zu weiche Themen. Die Redaktion justierte den Kurs neu - Politik statt Roastbeef, Kontroversen statt Kosmetik.
In den folgenden 23 Jahren wurde "ML Mona Lisa" so etwas wie die Traditionsmarke des deutschen Fernseh-Feminismus. 23 Jahre ging es um Frauen und was sie bewegt. Eine lange Zeit, meint man beim ZDF. Zu lange: Nach 23 Jahren will der Sender das Format dem Zeitgeist anpassen, nach knapp einem Vierteljahrhundert wird aus dem Frauenjournal auch ein Magazin für Männer. Der Untertitel: "Frauen, Männer und mehr".
Männer direkt ansprechen
Bleibt die Frage: Wieso das alles? Hat es sich schon ausgekämpft? Und wenn ja: Ist das Sieg, Rückzug - oder gar Verrat?
"Wir sind keine Verräterinnen der Frauen", sagt Sibylle Bassler. Sie ist seit dem Start dabei, erst als stellvertretende, heute als Redaktionsleiterin. Die Sendung verdankt ihr viel, genauso wie Bassler "ML Mona Lisa" viel verdankt, unter anderem einen ganzen Haufen Journalistenpreise. Ist die Öffnung in Richtung mehr männliches Publikum ein heikles Thema? "Ich habe da keine Berührungsängste", meint Bassler.
Alles entspannt also? Vielleicht. Vielleicht versucht man beim ZDF aber auch nur, die Wogen schon im voraus zu glätten, schon vor Wochen hat man Journalisten eingeladen, um ihnen die Umstellung zu erklären.
"Wir leben heute in neuen Lebensformen und Konstellationen", sagt zum Beispiel Theo Koll, der Leiter der ZDF-Hauptredaktion Politik und Zeitgeschehen, "das betrifft eben auch Männer". Früher sei es schwierig gewesen, bei "ML Mona Lisa" über den Mann einer Karrierefrau zu berichten. Mit der neuen Ausrichtung sei das endlich möglich.
Zusammenhalt hat gelitten
Dranbleiben an den ungelösten Problemen wolle man natürlich trotzdem. Aber die Frauenfragen der 80er und 90er, meint Sibylle Bassler, seien heute überwiegend beantwortet oder müssten zumindest neu gestellt werden. "Schauen Sie raus! Es gibt nicht mehr den bösen Mann, der sagt: Frauen dürfen gar nichts." Auf der anderen Seite, sagt Bassler, müsse man aber auch sehen, das Frauen viel aufgegeben haben für ihre Freiheit und dass dadurch auch ihr Zusammenhalt gelitten hat: "Frauen sind ja keine besseren Menschen."
Mit der Öffnung hin zu mehr männlichen Zuschauern trägt "ML Mona Lisa" laut ZDF also einfach nur einer gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung. Thematisch hat sich die Sendung ohnehin schon länger weg von einem reinen Frauenjournal und hin zu einem Gesellschaftsmagazin entwickelt, das auch Themen wie den Dioxinskandal oder jugendliche Intensivtäter behandelt.
Drohende Überalterung
Daneben gibt es aber noch einen weiteren, vielleicht sogar entscheidenderen Punkt: die Zuschauerzusammensetzung. Schon seit langem sind mehr als 40 Prozent der Zuschauer von "ML Mona Lisa" Männer. "Endlich können wir die auch offensiv ansprechen", sagt Sibylle Bassler. "Und wir hoffen natürlich, dass jetzt noch mehr Männer als vorher einschalten."
Neben mehr männlichen könnte "ML Mona Lisa" vor allem auch mehr junge Zuschauer gebrauchen. Die scheinen sich nicht mehr für ein Frauenmagazin im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu interessieren: Mit 84 Prozent ist der überwiegende Teil der ZuschauerInnen über 50. "ML Mona Lisa" droht zu überaltern. Außer dem erweiterten Fokus bekommt die Sendung deshalb auch ein neues (Studio-)Design, einen neuen Sendeplatz und eine neue Moderatorin: Barbara Hahlweg, die bislang durch die "heute"-Sendung führte. Nur in der Redaktion ändert sich erstmal nichts. Dort arbeiten immer noch 20 Frauen - und nur ein Mann.
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