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Wieder Bewegung im Berliner Sumpf

■ Nach der Verurteilung der Schlüsselfigur im Berliner Korruptionsskandal neue Enthüllungen absehbar

Der Mann, dessen Name zum Erkennungsmerkmal des Berliner CDU–Korruptions– und Filz–Skandals geworden ist, Wolfgang Antes, hat gestern sein Quantum kassiert. Fünf Jahre Haft, wobei der Haftantritt noch ungewiß ist. Antes hofft auf Haftverschonung, soviel ist gewiß. Ob er seinen Mund hält oder sich der Staatsanwaltschaft als Kronzeuge zur Verfügung stellt, steht dahin. Vorausgesetzt, diese ist überhaupt willens und in der Lage, den Sumpf weiter trockenzulegen.

Mit Blitzlichtgewitter begann der Prozeß gegen die Schlüsselfigur des Berliner Korruptionssumpfes, und so endete er auch: Wolfgang Antes, alias Baustadtrat und CDU Mitglied ist strafprozessuell abgefeiert. Das Urteil von fünf Jahren Freiheitsstrafe wegen Bestechlichkeit und Vorteilsannahme wurde noch gestern rechtskräftig. Nachdem die Staatsanwaltschaft gleichzeitig drei weitere gegen Antes anhängige Verfahren - Erpressung und Bestechung (5 Millionen für die Vermittlung 2008 landeseigener Wohnungungen von Autohändler Putsch etc. ) - einstellte und die Haftbefehle aufhob, ist Antes eine fröhliche Weihnacht in Freiheit beschert. Vorläufig, bis das Urteil schriftlich „abgesetzt ist“, dürfe er nach Hause, schließlich bestünde keine Fluchtgefahr mehr, so Staatsanwalt Fätkinhäuer. Prozeßbeoachter vermuten jedoch, daß Antes -er saß ein Jahr in U–Haft– überhaupt nicht mehr einfahren wird: Ihm werde zu gegebener Zeit sicher genug einfallen, um Haftunfähigkeit geltend zu machen. Einen Ausweis bekommt er zumindest nicht und melden soll er sich zweimal wöchentlich bei der Polizei. Seine Mühle im fränkischen Marktrewitz, die er mit Bestechungsgeldern finanziert haben soll, wird per Gerichtsbeschluß mit einer Hypothek belegt um Forderungen von 250 000 Mark (100 000 Mark allein für Verfahrenskosten) zu sichern. „Corrumpere, corrumpo, corrupi, corruptum - vernichten, zu Grunde richten, vereiteln, verderben, verführen, schänden, bestechen“. Der Vorsitzende Richter der 10. Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts, Hagen Hillebrand, ist für seine blumigen Urteilsbegründungen bekannt. Diesmal zauberte er aus seinem Schatzkästlein Langenscheidts Schulwörterbuch hervor, um anschließend „einen kurzen Blick in die Historie“ zu werfen: So hätten die Gebrüder Sklarek, die 1929 die Staatskasse um mehrere Millonen erleichtert und hochrangige Poltitiker bestochen - der damaligen Berliner Bürgermeister Gustav Blöß mußte zurücktreten– mit dem „schleichenden Gift“ der Korruption die Autorität des Staates untergraben. ( Der Fall wurde von den Nazi benutzt, um gegen die Weimarer Republik Stimmmung zu machen). „Doch wenden wir uns lieber der Gegenwart zu“. Besser nicht mehr erinnern wollte Hillebrand, daran, wie der Prozeß gegen Antes & Co im April dieses Jahres begann. Nach den anfänglichen Wirrungen - „Dank einer Verteidigung, die im Kräftefeld der Gewalten eindrucksvoll war“ - „damit mußte man zurechtkommen“– sei es gelungen die vielfältigen Verknüpfungen aufzuhellen. Und schließlich habe ja auch Antes erkannt, daß er mit „seinem Tun die Grenzen des Erlaubten überschritt“. Antes, der während des Urteilsspruch nervös an einem Pappbecher nippte, hatte überraschend zugegeben, während seiner Amtszeit von 1981 bis –84 insgesamt 300 000 Mark an Schmiergeldern im Zusammenhang mit Bauprojekten erhalten zu haben. Der einflußreiche Baustadtrat habe das in ihn gesetzte Vertrauen, ein unbestechlicher Amtstäger zu sein, gründlich mißbraucht, befand Hillebrand. Mit seinen „überragenden Befähigungen“ auf politischen um fachtheoretischen Gebiet, habe er seine pysische Behinderung - Antes ist querschnittgelähmt– „überkompensiert“. Indem er sich in den verführerischen Einflußbereich der Berliner Bau– und Halbwelt begab, und mit dieser „im Restaurant um erhebliche Geldsummen“ dealte, habe Antes die „Lauterkeit des öffentlichen Dienstes verletzt“. Er habe „bewußt und vorsätzlich“ pflichtwidrig gehandelt. „Das Recht bleibt Maß aller Dinge, auch im politischen Bereich“, Antes habe „nicht allein gefehlt“. Der Vorsitznde glaubte mit diesem Verfahren all denen, die „sich im Öffentlichen Bereich begünstigen“ verdeutlicht zu haben, daß sie ohne Ansehen ihrer poltischen Privilegien „persönlich dafür einzustehen haben“: „Neue Strafverfahren“ mit „Neuen Namen“ stünden an. Und, mit Verweis auf den blinden Schöffen in der Richterriege schloß Hillebrand selbstgefällig: „Er repräsentiert sinnbildlich, daß hier ohne Ansehen der Person geurteilt wird“. Plutonia Plarre

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