: Wieder Bangen und Ungewißheit
■ Belgrader fürchten das Schlimmste. Rugova unterstützt UÇK
Kaum haben die Belgrader die Erleichterung eines greifbar nahen Friedens gespürt, schon wird wieder die Fortsetzung des Krieges in Aussicht gestellt. Nach drei ruhigen Nächten heulten am Montag um halb zwei Uhr morgens die Sirenen auf. Diesmal fielen keine Bomben. Es war offenbar nur eine Warnung der Nato.
Vielen Menschen in Belgrad stand der Schock im Gesicht geschrieben. Die gleichgeschalteten serbischen Medien berichten lediglich, irgendwelche Verhandlungen zwischen jugoslawischen Generälen und der Nato über die Rückzug der jugoslawischen Streitkräfte seien im Gange. Die Verhandlungen sollten fortgesetzt werden, heißt es in Belgrad. Analytiker vor Ort sehen das eigentlich als ein gutes Zeichen: Immerhin bereiten die Medien die Menschen nicht auf einen Wiederbeginn des Krieges vor. Offiziell wurde zu der Verschleppung der Verhandlungen nichts gesagt. Inoffiziell hieß es aus militärischen Kreisen gegenüber der taz: Die strittige Rückzugsfrist der jugoslawischen Armee von vereinbarten 7 auf die von Belgrad geforderten 14 Tage müsse so verstanden werden, daß die Nato in „unverschämter und absolut unakzeptabel Weise“ fordere, daß die gesamte Technik im Kosovo zurücklassen wird. Und das sei im Friedensplan gar nicht vorgesehen gewesen.
Unterdessen meldet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Augenzeugen, die jugoslawische Armee habe in der Nacht zum Montag das makedonische Grenzdorf Jazince mit Granaten beschossen. Auch das makedonische Verteidigungsministerium bestätigte den Zwischenfall. Bereits in den Tagen zuvor war es zu Schußwechseln zwischen Miloevic' Armee und der UÇK gekommen.
Die Kosovo-Befreiungsarmee ist bisher zu einer Entwaffung nicht bereit und will weiter für die Unabhängigkeit des Kosovo kämpfen. Unterstützung erhielten sie gestern von dem nach Italien geflohenen gemäßigten Albanerführer Ibrahim Rugova, auf den die UÇK eigentlich nicht gut zu sprechen ist und umgekehrt.
Rugova weigerte sich gestern, auf die Haltung der Nato einzuschwenken, die das Kosovo als Teil Jugoslawiens erhalten will. Er beharrt ebenso wie die UÇK, auf einen unabhängigen Staat. Andrej Ivanji/dpa
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