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Wie wir fast verreist wärenEndlich Urlaub!

Nach wochenlangen Urlaubsvorbereitungen ist es so weit: Wir sind am Flughafen und der Taxifahrer stellt den Motor ab. Aber nur kurz.

Bleiben in weiter Ferne: Sonnenschirme in Antalya Foto: dpa

V or Aufregung kann ich seit Tagen nicht mehr schlafen! Ich fliege mit Eminanim in die Türkei. Nach vielen Monaten im Corona-Knast! Weshalb die Leute immer „ich fliege“ sagen, obwohl sie doch nur verängstigt und mit zitternden Knien in einem Flugzeug sitzen, weiß ich auch nicht.

Ich fliege nicht, ich schwimme – in Angstschweiß. In einer altersschwachen Maschine zu sitzen und mich in die Hände von besoffenen Piloten, depressiven Fluglotsen und durchgeknallten Terroristen zu begeben, ist leider nicht so einfach. Bei mir vergeht die Zeit nie wie im Fluge! Auch die Tage vor dem Flug nicht!

Es gibt aber kein Entkommen. Irgendwann kommt unerbittlich die Zeit des nackten Horrors, und wir fahren mit dem Taxi fröhlich zum Flughafen. Das heißt, Eminanim ist fröhlich und der Taxifahrer – ich nicht so!

Eminanim hat sich ja auch wie immer richtig Mühe gegeben mit den Urlaubsvorbereitungen. Wochenlang ein hübsches Örtchen am Meer ausgesucht. Tagelang die örtlichen Hotels studiert und nach hartnäckigen Verhandlungen mit den Gaunern ein Doppelzimmer mit Meerblick gebucht, der sich vor Ort natürlich immer als Mülleimerblick entpuppt.

Bild: privat
Osman Engin

ist Satiriker in Bremen. Er liest seine Geschichten im Radio bei Cosmo unter dem Titel „Alltag im Osmanischen Reich“. Sein Longseller ist der Krimi „Tote essen keinen Döner“ (dtv).

Vorher hat sie Shampoo gekauft, Sonnenbrille, Sonnenöl, Sonnencreme, Moskitonetz, Moskitospray, Schlafmittel, Abführmittel, Durchfallmittel. Alle möglichen Nahrungsergänzungsmittel, Vitamin A, Vitamin B, C, D, E, F, K bis Z – sehr wichtig während der Coronapandemie –, drei neue Koffer, neue Sandalen, neue Badehosen.

Der Nachbarin Oma Fischkopf hat sie den Wohnungsschlüssel übergeben, die ist für die Blumen zuständig. Opa Prizibilsky ist als Postmeister auserkoren worden – er darf unseren Briefkasten bewachen.

Dann sind wir auch schon am Flughafen und der Taxifahrer stellt den Motor ab.

„Ihren Mundschutz brauchen Sie nicht abzumachen. Wir fahren wieder zurück nach Hause“, sage ich und grinse wie ein Honigkuchenpferd.

„Haben Sie etwas vergessen?“, fragt er irritiert.

„Nein, wir fliegen nicht.“

„So kurzfristig verlieren Sie aber das Geld für Ihre Tickets.“

„Wir haben gar keine Tickets gekauft. Wir haben nur so getan, als wollten wir in den Urlaub. Für mich gibt’s nichts Schöneres auf der Welt, als mit beiden Beinen auf dem festen Boden zu stehen! Ich könnte vor Glück jeden hier umarmen, weil ich nicht in dieses Metallrohr rein gehen muss – nur mit Mundschutz natürlich.“

„Und Ihre Frau?“, fragt er neugierig.

„Für mich ist die Vorbereitung der eigentliche Urlaub – das Nonplusultra des ganzen Jahres“, kichert Eminanim. „Der Urlaub selber mit Osmans Verwandten ist doch nur Stress. Gott sei Dank bleiben wir dieses Jahr zu Hause – dank Corona!“

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