Wie geht's weiter für Österreich?: Die Färöer warten
Josef Hickersberger will Trainer der Österreicher bleiben - er hat ein Trauma aufzuarbeiten. Doer Verband berät noch. Immerhin besteht Einigkeit: Das Team war super.
WIEN taz Tja, wie geht es weiter mit dem aufstrebenden österreichischen Fußball? Teamchef Josef Hickersberger, dessen Vertrag am Jahresende ausläuft, will ihn weiter pushen. Aber das ist nicht so einfach. Das Präsidium des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) unter dem Vorsitz von Friedrich Stickler kommt erst in einer Woche zusammen, um über die Personalie Hickersberger zu beraten.
Man konnte sehen, dass der Teamchef ein wenig zermürbt war von dieser Fristenregelung. Hatte er vor dem 0:1 gegen die Deutschen noch gesagt, "ich bin jung, ich bin 60 und fühle mich wie 59", so sagte er gestern: "Ich fühle mich wie 60, und ob das jung genug ist, in die WM-Qualifikation mit den Färöer-Inseln zu ziehen? Ich weiß es nicht." 1990 hatte Österreich unter Hickersberger mit 0:1 auf den Inseln verloren. Aber das ist eine andere Geschichte.
"Wir müssen trotz aller Erfolge auch auf das Geld schauen", sagte ÖFB-Chef Stickler, "wir sind nicht der DFB." Österreich hat sich zur EM-Vorbereitung einen Psychologen und einen Fitness-Coach aus England geleistet. Einer von beiden muss vermutlich gehen. Hickersberger: "Es geht nicht um das Feilschen um ein paar Euro mehr, reich werde ich beim ÖFB eh nicht." Es geht wohl vielmehr um die Ausrichtung des Verbandes. Soll der Aufbau der jungen Mannschaft forciert werden oder wurschtelt man weiter?
Die Spieler haben sich geschlossen für Hickersberger ausgesprochen. Und der selbst sagte vieldeutig: "Ich will mit der Mannschaft weiterarbeiten, aber es gehört mehr dazu als der Wille, Teamchef zu bleiben." Er scheint von der Gnade Sticklers und dem Ratschluss des Präsidium abhängig zu sein.
Es wäre ein Verlust, wenn "Hicke", der Mann mit dem Schmäh, geschasst würde, hat ihn die deutsche und mittlerweile auch die einheimische Presse doch lieb gewonnen, ja geradezu ins Herz geschlossen. Der Wiener Standard hat ihn auf seiner Internetseite besonders gewürdigt. In der Fotogalerie "Hickersberg Yourself" darf der geneigte Fußballfan mit seinem Traineridol verschmelzen.
An den großartigen EM-Erfolgen des österreichischen Teams kanns auch nicht gelegen haben, dass Stickler taktiert. Denn da waren sich alle Beteiligten mit einem österreichischen Pass einig: Das ÖFB-Team war super. Hat in 270 Minuten kein Tor aus dem Spiel heraus zugelassen, na ja, gut, eins, aber das war Abseits. Die restlichen Treffer ergaben sich aus Standards (Freistoß und Elfer). Auf die Defensive wurden Loblieder gesungen, auf die Bombenkondition der Elf sowieso. Vor der Europameisterschaft war das ja anders. "Da wurde die Mannschaft verspottet und verhöhnt", sagte Hickersberger. "Es hat sogar einige Spiele gegeben, da hätte man mir am liebsten ein Kamel vors Stadion gestellt, damit ich in die Wüste reite." Heute liegt da ein roter Teppich.
Die Zeiten der Selbstdestruktion sind also vorbei. "Wir haben uns Kredit zurückgeholt, den wir in den letzten Jahren verloren haben", glaubt René Aufhauser. Auch ist Österreich wieder einmal der moralische Sieger - gegen Kroation (weil läuferisch überlegen), gegen Polen (weil chancentechnisch überlegen) und gegen Deutschland (halt so). "Eine solche Leistung hätte ich der Mannschaft nicht zugetraut", sagte Hickersberger - nach dem Aus in der Gruppenphase.
"Was fehlt, ist ein Mann mit Abschluss, aber sie waren nicht so schlecht, bedenkt man, dass uns alle für Kanonenfutter und die größten Deppen gehalten haben", resümiert Wolfgang Winheim, Doyen des österreichischen Sportjournalismus. Er weiß freilich auch: "Das sind brave Burschen, mehr nicht, na ja, vielleicht wird der Korkmaz noch was." Ümit Korkmaz, bester EM-Spieler Austrias und demnächst bei Eintracht Frankfurt aktiv.
Österreich muss sich bald wieder beweisen, in einem Testspiel gegen Italien und in der WM-Qualifikation gegen Frankreich, Serbien, Rumänien und: die Färöer-Inseln. Josef Hickersberger könnte dort ein Trauma aufarbeiten. Allein schon deswegen will er Teamchef bleiben.
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