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Wie die schon aussehen!

■ Ein friedlicher Punk-Protest wegen der Chaos-Tage und die Reaktionen / „Ganz richtig, daß die da reinknüppeln“

Samstag vormittag, beste Einkaufszeit. Langsam füllt sich die Bremer City mit SchnäppchenjägerInnen. An einer Stelle aber taucht unvermutet ein Hindernis im Menschenstrom auf. An der Sögestraße ist vor dem Eingang der Lloyd-Passage ein Transparent zwischen zwei Eisenträger gespannt: „Halt, verbotene Zone! Nur wer kauft, kommt durch!“ Und davor steht eine Gruppe meist bunthaariger junger Menschen, Flugblätter verteilend. Wenige nehmen einen Zettel, noch viel weniger bleiben stehen. Der Einkaufsstrom quillt rechts und links an der demonstrativen Barrikade vorbei. Das Angebot zum solidarischen Haarefärben bleibt ungenutzt.

Es war ein ruhiger Protest, den ein gutes Dutzend BremerInnen am Samstag veranstaltete. Anlaß waren die Polizeiaktionen anläßlich der Chaos-Tage. Daß Menschen allein wegen ihres Aussehens schikaniert, kontrolliert, unter harrsträubenden Umständen festgesetzt worden seien – „Das können wir nicht durchgehen lassen“, sagte eine Organisatorin. „Man muß das im Zusammenhang mit anderen Repressionen sehen“, erklärte ein anderer. „Wir erleben doch eine Spaltung der Gesellschaft: Auf der einen Seite wird ein ,Normalbürger' geschaffen, auf der anderen dann die ,Chaoten'. Das müssen wir zurückdrängen.“ Und auf dem verteilten Flugblatt erklärte eine „anarchistische alternative“, die Polizei habe im rechtsfreien Raum gehandelt. Offensichtlich gehe der Wille des Volkes den PolitikerInnen „am Arsch vorbei“.

Das fand das Bremer Volk eher nicht. Im Gegenteil: Die Mehrheit der Befragten fanden die Polizeiaktionen „gegen die Chaoten“ noch viel zu lasch. Wobei eine tiefe Kluft zwischen den Generationen spürbar war.

„Gucken Sie sich die Leute doch mal an“, ereiferte sich ein Mittsechziger in gebührendem Sicherheitsabstand zu „denen da. Wie die rumlaufen. Brauchen die sich doch nicht zu wundern. Wenn die Remmidemmi machen wollen, ist doch richtig, wenn dann die Polizei dazwischengeht. Aber Schuld hat der Staat. Der schafft keine Ordnung. Wer soundso lange hier lebt, der kriegt nichts, die von draußen kriegen alles. Zum Beispiel die Kurden: Die sperren die Autobahn und der Deutsche, der zur Arbeit fahren will, der kommt nicht durch. Die sollen doch zu Hause kämpfen. Ausgebeutet werden wir, von den Asylanten. Die tun nichts, machen nur Schmu. Aber der Deutsch hat eben keinen Nationalstolz. Was haben wir früher geschuftet.“ Als er nach dem Krieg als Flüchtling aus Breslau gekommen war.

Ganz die Linie eines Karstadt-Mitarbeiters, der mit seinem Kollegen im Blaumann vor der Kaufhaus-Tür stand, um zu verhindern, daß die Demo die Kaufwilligen blockiert. „Beschissen ist das doch, was die da machen“, meinen beide unisono. „Und außerdem: Ich finde das richtig, daß die Polizei da reinknüppelt. Damit muß ich doch rechnen, wenn ich mich nicht an die Gesetze halte.“ Aber reden, nein, reden mit „denen da“ mochten beide nicht. Und „die da“ hielten sich auch ziemlich zurück mit Gesprächsangeboten.

Außer, wenn jüngere Passanten vorbeikamen. Und die waren auch gleich viel aufgeschlossener. „Ich finde die Demo hier ganz richtig“, meinte ein Student. „Schließlich hat die Polizei nicht mal rechtsstaatliche Prinzipien eingehalten.“ In seinem Freundeskreis gebe es niemanden, der die Polizeiaktionen gut gefunden habe. „Man kann die Leute nicht einfach wegen ihres Aussehens verhaften“, meinte auch eine junge Mutter, die freundlich grüßend ihren Kinderwagen an der Minidemo vorbeischob.

Nur ein älterer Herr durchbrach die Generationenbarriere und ging besorgten Gesichts auf die DemonstrantInnen zu. Nein, über die Chaos-Tage und die Polizei wolle er gar nicht reden. „Ich will Ihnen nur sagen“ – und deutete auf die farbigen Haare – „ich bin gegen jede Chemie am Körper. Sie wissen gar nicht, was Sie sich da antun.“

Nach einer halben Stunde waren zwei Polizisten vorbeigekommen, hatten kurz irritiert geguckt, waren aber dann weitergelaufen. Wiederum eine halbe Stunde später hatte sich dann ein Ordnungshüter doch noch ein Herz gefaßt und die DemonstrantInnen zum Abbauen aufgefordert. Die kamen dem auch artig nach, allerdings bestand der Beamte darauf, daß ihm ein Demonstrant seinen Ausweis zeigen sollte. Das ergab noch einiges Hin und Her, einen halben Fluchtversuch und reichlich Debatten. Bis der junge Mann schließlich nachgab. Der Polizist: „Es folgt ja nichts drauf.“

J.G.

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