Wie der Euro gerettet werden kann: Abschied von der Schrumpfpolitik
Alternative Ökonomen legen einen Plan zur Euro-Rettung vor. Ein Gegenentwurf zu Merkels 6-Punkte-Plan. Sie wollen lieber eine besondere Banker-Spezies bändigen.
BERLIN taz | Das Auseinanderbrechen des Eurolandes verhindern, lautet das Ziel der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Am Dienstag legten die Ökonomen um die Wirtschaftsprofessoren Rudolf Hickel und Heinz Bontrup deshalb ein Sondermemorandum zur Eurokrise vor.
Es ist in jeder Hinsicht ein Gegenentwurf zu dem von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem jüngsten EU-Gipfel vorgelegten 6-Punkte-Plan zur Eurorettung: Es stellt ihrer Idee, allen Staaten das neoklassische deutsche Modell des Sparens und Sozialabbaus überzustülpen, die Alternative entgegen, die Haushaltsprobleme über mehr Solidarität der reichen Länder, mehr Staatseinnahmen und eine europäische Wirtschaftsregierung zu lösen.
Die Merkel-Forderungen nach einer Schuldenbremse, der Abschaffung der Lohnanpassung an die Inflation und einem höheren Rentenalter gehen für die alternativen Ökonomen in eine völlig falsche Richtung. Sie setzen dieser Politik des Gürtel-enger-Schnallens ein 7-Punkte-Programm entgegen, das eine Bändigung der Spekulanten und Solidarität mit den Krisenländern fordert.
Hickel: "Existenz des Euro akut bedroht"
Aus eigener Kraft könnten diese ihre Probleme nicht mehr lösen. "Wenn die Auseinanderentwicklung in Europa, die durch die massiven Exportüberschüsse im Euroraum vorangetrieben worden ist, nicht beendet wird, ist die Existenz des Euro akut bedroht", lautet Hickels Warnung.
Der Plan sieht zunächst einmal den Ausbau des Euro-Rettungsschirms und mittelfristig die Gründung eines Europäischen Währungsfonds vor. Um zu verhindern, dass die Krisenstaaten hohe Risikoaufschläge auf ihre Staatsanleihen zahlen müssen, soll die EU sogenannte Eurobonds ausgeben. Überdies sei ein teilweiser Schuldenerlass unvermeidbar, zu dem dann die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssten.
Zu den wirtschaftspolitischen Empfehlungen gehört der Abschied von der "Schrumpfpolitik", die die betroffenen Länder in eine anhaltende Depression zwinge. Anstelle immer weiterer Einsparungen sollen die Einnahmen erhöht werden, etwa durch die europaweite Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung. Und schließlich müsse die Eurozone anfangen, auf eine gemeinsame Wirtschaftsregierung hinzuarbeiten. Ziel müsse die "Schaffung einer ökologisch verantwortlichen Wirtschafts-, Fiskal- und Sozialunion" sein.
EEAG: Länder wie Griechenland aus der EU werfen
Ebenfalls gestern publizierte auch eine konservativere Gruppe europäischer Wirtschaftswissenschaftler, die Europäische Wirtschaftsberatergruppe EEAG um den ifo-Institutschef Hans-Werner Sinn, eigene Vorschläge zur Lösung der Eurokrise. Deren Plan sieht als letzten Schritt ein Insolvenzverfahren für überschuldete Staaten vor. Denn langsam sei es nicht mehr zu leugnen, dass Griechenland trotz der EU-Hilfen und trotz seines brutalen Sparkurses seine Schulden wohl nicht wird zurückzahlen können.
Die EEAG sieht dabei den Ausschluss von Krisenländern aus der Eurozone als Option an – ganz anders als die Memorandumsgruppe, die sich für den Erhalt der Währungsunion starkmacht. Denn wenn die Union auseinanderbräche, würde das die Rückkehr zu der Vorherrschaft der D-Mark und der stramm auf Sparkurs getrimmten Deutschen Bundesbank bedeuten. Und für die alternativen Ökonomen ist das keine schöne Aussicht für Europa.
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