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Wie Werften Gewinne abwerfen„Was schwimmt, das geht“

Deutsche Schiffbauer machen auch ohne üppige staatliche Hilfen gute Geschäfte.

Die meisten Werften sind aus der Krise raus, doch die Schiffbauer fordern Hilfe. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Hamburg taz | „Die USA halten hartnäckig an ihrem hundertprozentigen Protektionismus fest“, klagt Werftboss Harald Fassmer. Schiffe für den inner-amerikanischen Verkehr müssten in den Vereinigten Staaten gebaut werden. „Ein wichtiges Thema für die TTIP-Verhandlungen“, sagt der Vorsitzende der deutschen Schiffbauer am Rande des traditionellen Spargelessens seines Verbandes im altehrwürdigen Hamburger Hotel „Atlantic“. Die amerikanische Günstlingswirtschaft sei jedoch „kein Model für Deutschland“, ebenso wenig wie die üppigen staatlichen Subventionen in Asien. Dennoch oder gerade deswegen wünschen sich die Schiffbauer mehr industriepolitische Unterstützung aus Berlin.

Weltweit steckt die maritime Wirtschaft sieben Jahre nach Ausbruch der globalen Finanzkrise 2007/2008 noch immer tief in der weitgehend selbst verschuldeten Krise. Bis dahin hatten auch deutsche Reeder und Investoren wie die HSH Nordbank - begünstigt durch freizügige Steuergeschenke unter der rot-grünen Regierung Schröder - großzügig neue Schiffe geordert. Werften bauten dementsprechend ihre Kapazitäten rasant aus.

Doch seit der Finanzkrise wächst der Welthandel weit langsamer als ehedem erhofft. Wachstumsprognosen der Bundesregierung, des renommierten Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) in Bremen oder der Hamburger Hafenverwaltung HPA entpuppten sich bald als grotesk überzogen. Zudem verlagerte sich der traditionelle Frachtschiffbau nach Fernost.

Die Folge waren schmerzliche Verluste, Werftpleiten und die Übernahme deutscher Schiffbaubetriebe durch Unternehmen aus Russland, Norwegen und Abu Dhabi. Inzwischen trifft es auch die Schiffbaugiganten in Asien hart: So meldet Hyundai Heavy Industries, das größte Schiffbauunternehmen der Welt, einen Verlust von rund 3 Milliarden US-Dollar. Fassmer, Chef der gleichnamigen Spezialwerft im niedersächsischen Berne, sieht im Desaster der Koreaner einen „Beleg massiver struktureller Unwuchten auf globaler Ebene“. Die zurückliegenden „aggressiven Expansionsbestrebungen wichtiger Marktakteure“ kollidieren heute mit einer schwächelnden globalen Nachfrage nach neuen Frachtern.

Die Krise haben die meisten deutschen Werften jedoch hinter sich gelassen. „Große Erfolge in gesunden Nischen“ feierte der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) auf seinem Jahrestreffen Ende Mai. Vergleichsweise umweltschonende Kreuzfahrer, das bisher größte Schiff für die Suche nach Öl und Gas, die längste private Mega-Yacht und das modernste Forschungsschiff der Welt, dazu Brennstoffzellen-U-Boote und aufwendige Rohr-Kabelleger für Internetverbindungen am Meeresgrund sind Beispiele für das heutige Hochtechnologie-Programm der norddeutschen Schiffbauindustrie. Die IG Metall hofft in diesem Jahr auf noch mehr neue Jobs.

Die Schiffbauer

Die Belegschaften der 60 größeren Werften in Deutschland umfassen rund 18.000 fest Angestellte. Dazu kommt etwa die gleiche Zahl an Beschäftigten in Subunternehmen sowie Leiharbeiter. Nach öffentlichkeitswirksamen Skandalen mit Saisonarbeitern aus Osteuropa und Griechenland schlossen die Meyer Werft und die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) Verträge mit der IG Metall ab.

Bis zu 80 Prozent des Wertschöpfungsanteils beim Bau eines Schiffes tragen Zulieferbetriebe bei. Ein Großteil davon arbeitet tief im Binnenland, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg. Wie in anderen modernen Industriebereichen wird auch für die Schiff"bauer" der zukunftsträchtige "After-Sales-Bereich" immer wichtiger: Wartung, Service und Reparatur von Schiffen, Maschinen und Elektronik. Nach einer EU-Studie arbeiten allein 94.000 Menschen in der deutschen Zulieferindustrie für den Schiffbau.

Auch die IG Metall will "Innovationen vorantreiben". Am gestrigen Donnerstag adressierte die Gewerkschaft zusammen mit dem Schiffbauverband VSM einen Forderungskatalog zur Zukunft der maritimen Forschungspolitik an die Bundesregierung. HAPE

„Vielen Unternehmen gelang es, sich innerhalb der letzten zehn Jahre in gesunden Nischen erfolgreich auf dem Weltmarkt zu positionieren“, sagt VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken. Damals baute die Branche noch vor allem recht simple Containerschiffe - heute ein Markt mit gewaltigen globalen Überkapazitäten. Ladenhüter sind auch Tanker, „Bulker“ für Massengüter wie Kohle oder Getreide und sogar Offshore-Schiffe.

Bis vor Kurzem galten Versorger für Erdgasplattformen oder Errichter von Windparks noch als Renner. Inzwischen ist der Weltmarkt weitgehend gesättigt, und viele Werften vor allem in China sitzen auf Ladenhütern. Eine Nische, in denen deutsche Werften Erfolge feiern, ist die Rüstung. 2014 lag der Umsatz laut Verbandsangaben bei über 1 Milliarde Euro, im langfristigen Mittel wird mindestens jeder fünfte Euro im Schiffbau mit Marineeinheiten verdient. Vor allem im Export. Dabei hilft die Bundeswehr als „Referenzkunde“, der Prototypen als erster Kunde testet, sagt Hans Christoph Atzpodien, Chef der Marinesparte von Thyssen-Krupp.

Für den Exporterfolg bedürfe es zudem der „Ausbildungsunterstützung“ durch die deutsche Marine. Die Bundeswehr hält für die Käufer deutscher Wehrtechnik Planstellen bereit, etwa zum U-Boot-Training in Eckernförde.

U-Boote und Korvetten für Israel, Fregatten für Algerien, U-Boote für Singapur, erfolgversprechende Verhandlungen mit Polen und Thailand, Australien und Indien. „Thyssen-Krupp ist auch ohne weitere Neubauaufträge ungefähr bis 2020 ausgelastet“, glaubt Friedensforscher Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS).

Auch der Lürssen-Werft „geht es gut“ - ein Auftrag über mehr als hundert Küstenwachschiffe für Saudi-Arabien fülle das Auftragsbuch auf Jahre. Künftig werde es den Marine-Rüstungswerften gut gehen, ist der Friedensforscher überzeugt. „Was schwimmt, das geht.“ Diesen alten Leitspruch der Rüstungsexportpolitik beherzige die Große Koalition Merkels.

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