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Wie Wärmedämmung Städte verändertHinter blinden Fenstern

Wärmedämmung ist das Gebot der Stunde. Doch damit verändert sich auch das Bild der Hausfassaden – und die Rolle der Fenster als Schnittstelle zwischen öffentlich und privat.

Der Zollverein-Kubus in Essen, erbaut 2003. Bild: seier+seierCC-BY

Mit den Architekten hatte sich Boris Palmer bislang nicht angelegt. Doch im März betonte der grüne Oberbürgermeister auf einer "Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt", dass das Bedürfnis nach Ästhetik nicht über den existenziellen Fragen der Menschheit stehen dürfe. Notfalls, drohte Palmer, wolle er ganz Tübingen "einpacken". Daraufhin wetterte der Architekt Hans Kollhoff wider den Dämmstoffwahn. Wenn immer mehr Häuser mit 18 Zentimetern Styropor und Kunstharzputz verkleidet würden, gehe jede architektonische Qualität verloren. Steht Deutschland vor einem neuen Architekturstreit?

Zunächst einmal stehen Eigentümer und Bauherren vor einem Problem. Die meisten Häuser in Deutschland sind Energieschleudern. Energetische Sanierung heißt darum das Gebot der Stunde. Gefördert wird sie unter anderem von der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Bedingung: Die Dämmstoffplatten müssen mindestens 10 Zentimeter dick sein. Als optimal gelten 18 Zentimeter. Die packt man dann auf die Außenwand des Reihen- oder Stadthauses - und freut sich auf den Energiepass.

So sehen es Boris Palmer und die Dämmstoffindustrie. Architekten, Denkmalschützer und Bauherren sehen es oft anders. Die Häuslebauerforen sind inzwischen voll von Klagen über den sogenannten Schießscharteneffekt. Mit der Außendämmung nämlich verschwindet das Fenster in dem Maße, in dem die Fassade auf die Straße wächst - mit Folgen für beide Seiten. Wer von drinnen nach draußen schaut, klagt plötzlich über eingeengte Blickwinkel und Mangel an Licht. Von der Straße aus betrachtet sieht das Gebäude wie ein müdes Gesicht aus, die Fensteraugen in tiefen Höhlen vergraben. Das hat nicht nur ästhetische Folgen, wie sie Hans Kollhoff beklagt. Einhergeht die energetische Sanierung auch mit einem kulturellen Verlust - der Abwertung der Fenster als Durchlass zwischen dem öffentlichen und dem privaten Raum einer Stadt.

Über die soziale Funktion des Fensters schrieb einmal Franz Kafka: "Wer verlassen lebt und sich doch hie und da irgendwo anschließen möchte, wer mit Rücksicht auf die Veränderungen der Tageszeit, der Witterung, der Berufsverhältnisse und dergleichen ohne weiteres irgendeinen beliebigen Arm sehen will, an dem er sich halten könnte, der wird es ohne Gassenfenster nicht lange treiben." So bietet das Fenster dem Bewohner den Kontakt mit der Außenwelt. Die amerikanische Stadtsoziologin Jane Jacobs nannte das einmal "die Augen auf die Stadt".

Aber es gibt auch die Augen der Stadt aufs Private, wie unlängst Matti Geschonnek mit seiner Verfilmung von Friedrich Anis Krimi "Hinter blinden Fenstern" zeigte. Die nämlich verbergen, irgendwo in einem kleinbürgerlichen Stadtteil Münchens, das Schicksal von Menschen, die irgendwann zu Verbrechern werden. Ohne blinde Fenster, so die symbolische Botschaft des Films, gäbe es mehr Anteilnahme, Austausch, Anstand. So ist das Fenster also tatsächlich ein Auge mit all seinen Fähigkeiten: sehen und gesehen werden, Kommunikation, aber auch Kontrolle. Erst dieses Aufeinandertreffen von Öffentlichkeit und Privatheit bildet jenes Amalgam der Urbanität, das wir heute so schätzen. Eine Straße ohne Fenster hätte etwas ebenso Bedrohliches wie das Wort von den "blinden Fenstern".

Dass das Fenster, wie kaum ein anderes architektonisches Element, gebaute Kulturgeschichte ist, hat eben erst Rolf Selbmann in Erinnerung gerufen. In seinem 224 Seiten starken Parforceritt durch die "Kulturgeschichte des Fensters" hat er zahlreiche Beispiele aus der Malerei und der Literatur zusammengetragen: von der Antike, in der sich die Paläste vornehmlich zum Innenhof öffneten, bis zur Postmoderne, in der sich die Fenster, wie beim gleichnamigen Betriebssystem, überlagern. Die Geschichte des Fensters ist also auch die der bürgerlichen Öffnung vom Privaten in die Öffentlichkeit. So illustriert Pieter Bruegel d. Ä. in seinem Gemälde "Die niederländischen Sprichwörter" anhand eines durchs Dachfenster wachsenden Baums die Redensart "Es wächst zum Fenster heraus". Soll heißen: Nichts bleibt im Verborgenen.

Nirgendwo war diese Öffnung ins Öffentliche so ausgeprägt wie in der Bürgerstadt Danzig mit ihren sogenannten Beischlägen. Diese terrassenförmige Verlagerung der Treppenschwelle in den Stadtraum markierte einen neuen Raum: nicht privat, nicht öffentlich - eine Mischung aus beidem. Auf dem Beischlag zeigten sich die Kaufleute den Bewohnern, ohne auf die Straße zu treten, und die Bewohner traten mit den Bürgern in Kontakt, ohne an der Tür zu klingeln. So waren die Beischläge eine Art Verlängerung des Fensters in die Stadt.

Die Gestalt der Fenster sagt also immer etwas aus über den Umgang einer Gesellschaft mit Öffentlichkeit und Privatheit. In den calvinistischen Niederlanden soll und kann keiner etwas verbergen, deshalb gibt es keine Gardinen. In der islamischen Gesellschaft sind die Innenräume eines Wohnhauses durch Fenster mit Lamellen geschützt. Rausgucken ist erlaubt, der Blick ins Innere, womöglich sogar auf die Frau des Hauses, untersagt.

Vor diesem Hintergrund hat auch der Schießscharteneffekt der energetischen Sanierung mehr als eine ästhetische und ökologische Komponente. Nolens volens verweist er auf eine schleichende Veränderung im urbanen Gefüge. Je mehr der Beruf die permanente Verfügbarkeit des Einzelnen verlangt, desto stärker ist das Bedürfnis auf Rückzug in den physischen Raum des Privaten.

Diese Privatisierung der Lebensstile ist zugleich das Alter Ego einer zunehmenden Privatisierung des öffentlichen Raums und öffentlichen Eigentums. So entstehen derzeit immer mehr blinde Fenster: bei der Wasserversorgung, beim Verkauf kommunaler Flächen, bei der Sperrung von Uferwegen. Es zerfällt also, was in der Großstadt eigentlich zueinandergekommen ist: öffentlich und privat, das Selbst und das Fremde. Der kriegerische Hintergrund des Begriffs Schießscharte ist nicht einmal übertrieben.

Immerhin: Es gibt Widerstand. Die Ersten, die sich gegen die Wärmeverbundslobby zur Wehr setzten, waren nicht die Architekten, sondern die Denkmalschützer. An historischen Gebäuden mit ihren oftmals reich verzierten und gegliederten Fassaden darf eine Außendämmung nur an der Hofseite angebracht werden. Bei der Straßenseite verlangen die unteren Denkmalschutzbehörden zumeist eine Innendämmung. Doch das ist nicht selten ein Problem. Im Gebäude angebrachte Dämmplatten bringen oft Kondenswasser in die Innenräume. Um das zu verhindern, sind oft komplizierte und teure Verfahren nötig.

Die Sanierer von Eigenheimen wiederum würden gerne ihre Fenster nach einer Außendämmung "hinausmauern". Doch das ist nicht minder kompliziert und kostet viel Geld. Geld, das auch die öffentliche Hand nicht geben will. Gefördert wird nur die Dämmung: Wer sein Fenster bündig mit der Fassade haben will, muss das selbst bezahlen. Auch deshalb beklagte sich Hans Kollhoff beim Kongress im März, dass die Gesellschaft sich darüber klar werden müsse, dass ihr nicht nur die Verminderung des CO2-Ausstoßes etwas wert sein müsse, sondern auch die Gestalt der Städte.

Zumindest die Degewo, mit 60.000 Wohnungen Berlins größte Wohnungsbaugesellschaft, hat die Botschaft verstanden. "Wir haben Respekt vor der Architektur, und wir haben Respekt vor dem Architekten", sagt Jacqueline Brüschke, die unter anderem die Sanierung des Schillerhofs betreut, vor Kurzem erst zum Welterbe der Unesco erklärt. Aber auch im nicht denkmalgeschützten Bestand wird bei der Degewo nicht drauflosgedämmt. "Um den Schießscharteneffekt zu vermeiden, haben wir in der Gropiusstadt die Fenster in der Ebene rausgesetzt." Der Grund: Eine Innendämmung hätte die ohnehin kleinen Wohnungen noch einmal verkleinert.

Den bislang radikalsten Vorschlag haben Kerstin Molter und Mark Linnemann unterbreitet. "Wärmedämmverbundsystem und Verbrechen" heißt ein Beitrag der Architekten in der jüngsten Ausgabe der Architekturzeitschrift Bauwelt, mit dem sie den grünen Überzeugungstäter Boris Palmer mit den eigenen Waffen schlagen. Nicht sozial und kulturell nämlich argumentieren Molter und Linnemann, sondern ökologisch: "Das Wärmedämmverbundsystem lässt sich nicht mehr in einen Kreislauf zurückführen", schreiben sie. "Es endet auf einer Bahre, als Sondermüll." Ihr Vorschlag: Anstatt Tübingen einzupacken, soll man lieber mehr Energie sparen und regenerative Energien fördern.

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20 Kommentare

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  • K
    Ökofreak

    Ein schlecht recherchierter Artikel, der noch dazu wieder gängige Vorurteile schürt.

     

    Wie schon andere schrieben, ist die Entstehung von "Schießscharten" bei einer Fassadendämmung nicht Schicksal, sondern ein Planungsfehler oder eben das Ergebnis von eventuell falsch einsparten Geld (Sparen am falschen Ende.

    Außerdem wird das Wegschneiden der überstehenden Brüstung durchaus bezuschusst, so dass jeder mit einem geförderten Kredit dies fanzieren kann. Natürlich kostet das was, aber für andere Dinge (z. B.) gibt der Deutsche ja auch viel Geld aus. Außerdem wer hat denn rumgeschrieen, als die alten Holzfenster durch die globigen Kunststofffenster ersetzt wurden. Oben rauf kam dann noch der Rollladenkasten. Das Fenster musste eben entsprechend kleiner werden. Gab es damals diese oder ähnliche Diskussionen? Das hat massiv das Bild der Städte bzw. der einzelnen Häuser geändert und zerstört.

    Mein Haus (Baujahr 1916) hat durch Dämmung und Ersatz dieser häßlichen Kunststofffenster aus den 80ern absolut gewonnen. Es ist jetzt nicht nur ein Niedrigenergiehaus, sondern sieht mittlerweile dem Ursprungsplan von damals wieder deutlich ähnlicher. Mittlerweile ist es das Schmuckstück in dieser Straße, die aus lauter ähnlichen Häusern besteht.

  • CW
    Christoph Wagner

    Eine nachhaltige und erprobte Technologie der Altbauwärmedämm-Nachrüstung fehlt bisher! Dies wurde in dem Artikel durchaus angerissen, kommt aber in der politischen Debatte überhaupt nicht vor. Die gängigen Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) richten oft mehr Schaden als Nutzen an. Hier muss endlich in ganz großem Umfang geforscht werden. Dies geschieht in privaten Forschungslaboren der Wirtschaft und nicht dort, wo es hingehört: an den Universitäten. Hier müssten technische Ingenieursfachrichtungen zusammen mit Architekten Lösungen für mindestens zwei Ansätze erarbeiten: praxistaugliche Entwicklung von Technologien der Innendämmung und Außendämmsysteme, die nachhaltig sind und - sie haben es angedeutet - nicht zu negativen Auswirkungen auf anderen Ebenen führen. Ich kenne Beispiele, wo das Haus zwar nun besser gedämmt ist, aber dafür tagsüber im Innern immer Kunstlicht eingeschaltet ist, wo vor der Dämmung Tageslicht ausreichte. Das ist eine Perversion der eigentlichen Intention. Und ganz wichtig: Gemeinsam forschen! Ich habe an der Technischen Universität Architektur studiert und weiß, dass das leider so gut wie nie vorkommt.

     

    Auch muss der Aspekt des Gesamtenergieverbrauchs pro Person endlich diskutiert werden. Wenn wir dreimal besser dämmen als vor 40 Jahren, aber dreimal mehr Fläche verbrauchen, ändert sich unterm Strich nichts, außer dass mehr Ressourcen verbaut werden! Die Frage der räumlichen Angemessenheit muss endlich von Architekten und Verbrauchern diskutiert werden. Bisher regelt dies nur der Immobilienmarkt. Dieser wiederum ist kein freier Markt. Für die Wohnungszuschnitte der Nachkriegszeit in Deutschland sind kaum Architekten verantwortlich gewesen. Fachlich unausgebildete Sachbearbeiter in Behörden, Fördereinrichtungen und Banken haben dies zumeist bestimmt. Das muss endlich auf einer fachlichen und politischen Ebene stattfinden.

  • J
    JFS

    Die historische Tübinger Altstadt mit ihren Fachwerbauten in Styropor & Co eingepackt ist eine ausgesprochen unangenehme Vorstellung und den Kritikern ist m.E. darin zuzustimmen, daß dies fraglos mehr als ein rein ästhetischer Verlust wäre. Ich sehe hier eher eine Chance im bewussten Einsatz erneuerbarer Energien, z.B. durch die Wahl eines geeigneten Stromversorgers, der Ausstattung der Häuser mit Sonnenkollektoren, dies wenn möglich mit Heizungsunterstützung, sowie evtl. mit Photovoltaikmodulen, gekoppelt mit effizienten Heizsystemen und 'versteckten' Dämmmaßnahmen an Dach- und Kellerdeckem sowie

    dem Austausch der alten einfach verglasten Fenster gegen stilgerechte(!) Neuanfertigungen.

    Aber sind die historischen Altbauten in diesem Zusammenhang überhaupt ein wesentlicher Faktor? Sind nicht viel eher die ohnehin hässlichen Mietskasernen des 20. Jhdts., die durch eine Aufdämmung und Neugestaltung der Fassade i.d.R. optisch eher gewinnen als verlieren können, das bzgl. Energieverschwendung vordringliche Problem?

  • ML
    Marcel L.

    Wer sich mal die Ofenabteilungen (oder sollte ich Feinstaubschleudern sagen) in Baumärkten und den Boom an Holzverbrennung ansieht, wird feststellen ,dass schon ein erheblicher Energie- und Kostendruck herrscht. Natürlich ist ästhetische Sanierung mit Kosten verbunden, aber die Kosten werden so oder so kommen!

  • PK
    Peter Kern

    Was für Beiträge.

    Beschimpfungen, Polemik, kaum Fakten.

    Sind das die Leser der taz?

    Beim Lesen wird für mich nur eines klar: Die Politik poltert über alles unreflektiert drüber, und die Betroffenen haben keinen Sinn mehr für Schönes.

     

    Deutschland, mir graut vor dir.

  • T
    tim

    also gefördert werden nur noch gesamte sanierungspakete und keine einzelmaßnahmen wie die außenwanddämmung alleine!

    und natürlich lassen sich damit auch das versetzten von fenster mit finanzieren.

     

    insgesamt kann der charme eines alten hauses auch nach der außenwanddämmung noch stimmen - nur ist dieses meist aufwendiger und damit tuerer.

    das abschlagen von gesimmsen und anderen stilemelemeten ohne ersatz ist furchtbar und sollte auch von förderungen ausgenommen werden!

     

    viel furchtbarere sanierungsmaßnahmen sind oftmals schon in den 70er und 80er jahren passiert - wo älter häuser hinter klinkern und plattenverkleidungen verschwanden, oder auch der einsatz von einfachsten kunststofffenstern ohne die vorgegebene teilungen.

     

    eine gut gelante sanierung ist bei jedem haus möglich und sinnvoll! nur sind die starren sanierungsvorschriften hierbei nicht sinnvoll!

     

    für jedes haus sollte ein individuells sanierungspaket erstellt werden, hinsichtlich energieeinsparung, wirtschaftlichkeit und natürlich ästhetischen gesichtspunkten!

    hierfür wären variablere förderungsvorschriften natürlich sehr sinnvoll. oftmals ist das erreichen dieser schon kaum noch möglich!

     

    gute energieberater helfen hierbei!

  • IF
    Ingo Frost

    Der Artikel ist sehr enttäuschend, ich habe mich darüber geärgert. Sicher ist es wichtig, dass die Häuser so gebaut und umgebaut werden, dass die Menschen sich wohlfühlen und soziale Aspekte berücksichtigt werden (interessant die Rolle des Fensters, aber auch etwas zu übertrieben) - in den nächsten Jahren wird das Problem sich verschärfen, dass Leute im Winter in ihren Wohnungen erfrieren und da nützt der beste Ausblick aus dem unsanierten Altbaufenster wenig.

     

    Wirklich unsinnig ist die Forderung, dass doch bitte an anderen Stellen Energie eingespart werden solle, wenn nun mal im Gebäudesektor soviel Energie verschleudert wird. Ich wundere mich doch sehr, wie es sein kann dass Architekten in den letzten Jahrzehnten neue Gebäude gebaut haben, die bei den aktuellen Energiepreisen schon kaum mehr rentabel zu betreiben sind ( vgl. Diskussion um das ICC http://www.tagesspiegel.de/berlin/soll-das-icc-abgerissen-werden/1617700.html ) und man sich jetzt gegen eine Dämmung wehrt und den Schwarzen Peter anderen zuschiebt. Die meisten Häuser die heute gebaut werden sind immer noch nicht gut genug isoliert.

    Außerdem ist der Artikel schlecht recherchiert. Energieverbrauch zu reduzieren, kann durch bessere Isolierung erreicht werden (und hier gibt es viele Möglichkeiten nicht nur Styropor und Kunstharz an der Außenwand!) und durch bessere Nutzung von Gebäuden (dieser Aspekt wird allerdings in dem Land mit den meisten Singlehaushalten noch nicht diskutiert - was nützt eine perfekt gedämmte Wohnung, wenn in ihr nicht zwei, drei sondern nur eine Person lebt?!).

    Logische Konsequenz in der Architektur - wenn Energiekriese, Peak Oil und Klimawandel mitgedacht wird - lautet: Neue Häuser nur noch so bauen, dass sie beim Baum und im Betrieb möglichst wenig (z.B. keine) Energie verbrauchen. Da der Neubau teuer und energie- und ressourcenintensiv ist, müssen also alte Häuser umgebaut werden - dazulernen ist dabei eine gute Idee, wenn man an das ganze verbaute Asbest denkt..

  • P
    prokrastes

    Bei allem Wärmedämmwahn wird gerne das Raumklima übersehen.

     

    Die Folge sind kaputtgedämmte Häuser mit massiver gesundheitsschädigender Schimmelbildung.

     

    Als Ursache werden gerne die Nutzer der Wohnungen beschuldet, sie würden ja nur "falsch lüften".

     

    Bei der Lüftungsintensität aber, die erforderlich ist, um so ein atmungsdicht verpacktes Plastikgebilde schimmelfrei zu halten, sind praktisch alle energetischen Vorteile zum Fenster hinausgelüftet - denn das viermal täglich durchzuführende Ritual des "Stoßlüftens" reicht nicht.

     

    Natürlich ist es Unfug, komplett ungedämmte Häuser deswegen so zu lassen, aber das hermetische Einpacken gerade von Altbausubstanz mit einhergehendem Ersatz der atmenden Holzfenster durch gummilippengedichtete "Energiesparfenster" ist praktisch der Tod der Altbausubstanz.

     

    Wärmedämmung dort, wo sie sinnvoll ist, aber ansonsten lieber etwas mehr Energie zur Heizung verwenden, als sich zu tode schimmeln.

     

    Und solange es Zeitgenossen gibt, die der Ansicht sind, ihre Wohnräume auf Temperaturen jenseits der 25°C halten zu müssen, sind weiterführende Überlegungen eh' sinnarm.

  • O
    Oliver

    Was bitte hat Wärmedämmung von Gebäuden mit der Privatisierung der Wasserversorgung zu tun? Der Artikel ist wirr und konstruiert seltsame Zusammenhänge. Und vermischt kulturphilosophische Erwägungen mit falschen technischen Annahmen.

    Vom Baumaterialien hat der Autor nämlich offenbar wenig Ahnung. Dass Dämm-Materialien nicht zu recyceln seien ist eine fragwürdige Behauptung. Das macht man schon heute mit Mineralwolle und Styropor, den häufigsten Materialien. Zumal eine solche Dämmung im Vergleich zum Volumen wenig Masse darstellt und meist auf Lebenszeit des Gebäudes hält.

    Wir haben die Wahl: Entweder wir lassen geschmäcklerisch alles beim Alten und leiden unter demnächst explodierenden Heizkosten oder wir finden Wege, Ästhetik und Energiesparnotwendigkeiten zu versöhnen.

    Noch ein wenig Polemik: Der Artikel verströmt einen weinerlichen Feuilleton-Konservativismus, der per se mit ökologischen Themen fremdelt und individuelle Geschmackslagen für politisch relevant hält, so wie an anderer Stelle das Gejammer über die "Verspargelung der Landschaft" durch Windkraftwerke. Das passt meiner Meinung nach eher in die FAZ als in die TAZ.

  • K
    K.Schramm

    Ein super Artikel, habe viel gelernt. Blinde Fenster sind tote Fenster.

    Ich wohnen seit 6 Jahren in den Niederlanden und dachte auch: Wunderbar, keine Gardinen vor den Fenstern, alles schön offen, herrlich.

    Aber das ist inzwischen überhaupt nicht mehr so. Da wo ich wohnen, 50 km von Amsterdam, alles dicht, vor den Fenstern Gardinen, sogar die Gärten hinter den Haüsern mit hohen, dichten Hecken bewachsen oder anderen Sichtschutzmöglichkeiten umgeben.

    Früher, so sagte mir jemand, sei man stolz gewesen und wollte zeigen, was man hat, deswegen keine Gardinen, heute geht das niemanden was an und jeder schottet sich ab, aber auch die Angst vor Einbrechern ist sehr gross.

  • MS
    Moritz Schallaböck

    Ah mal wieder ein Unsinnsartikel aus der Glühbirnen-Reihe: Bitte energiesparen aber nur wenns in unser ästhetisches Weltbild passt. Unglaublich.

     

    Man kann nicht fordern, Energie zu sparen und gleichzeitig nicht dämmen. Der Artikel bleibt ja inhaltlich eher abstrakt (und passt eher auf die Literaturseite), hier mal ein paar Zahlen: 2007 wurden insgesamt 681 Mia. kWh Energie verbraucht. Davon waren 495 Mia. kWh für Raumwärme. Fast 3/4 der Energie werden also für die Heizung verwendet.

     

    Noch eine Zahl: Zwischen 2000 und 2007 ist der Energieverbrauch fürs Heizen um 86 Mia. kWh GESUNKEN. In der selben Zeit haben sich die Verbrauche für Haushaltsgeräte, Beleuchtung, Kommunikation allenfalls nach oben entwickelt! Das wird wohl nicht zuletzt an modernerer Dämmung gelegen haben -- jedenfalls wurde bei der Raumwärme in derselben Größenordnung Energie gespart, wie in eben genannten Bereichen INSGESAMT verbraucht wird: 86 Mia kWh gespart vs. 105 kWh Verbrauch. (Alle Zahlen: Destatis)

     

    Aber nee is klar, dämmen sieht scheisse aus und wir machen einfach den Fernseher an der Steckdose aus und sparen so Strom!

  • X
    XYZ

    Warum nicht einfach die Dämmplatten im Fensterbereich abschrägen, so dass das Licht wieder auch von schräg einfallen kann? So viel teuer sollte das doch nicht werden.

  • G
    Gunter

    Was soll das ganze Dämmen denn bringen, außer unbezahlbarer Mieten ? Ist der Denkmalschutz als Heilige Kuh noch zeitgemäß ? Warum reissen wir den ganzen historischen Mist nicht einfach ab und bauen modere Städte, schön und zeitgemäß ökoligisch ? So ein Quatsch, typisch deutsch altes bewahren zu wollen um jeden Preis, den sich niemand mehr leisten kann, was hat das gebracht ? Nichts außer Kosten!

  • FS
    Franz-Josef Stevens

    Es ist aufgrund eigener Erfahrung kein Problem und kein großer Kostenfaktor, die Fenster vor Beginn der Wärmedämmungsmaßnahme bündig in die Hausfassade einzufügen, also nach vorne zu holen. Aus zwei Gründen ist das ein Muss: Einmal wegen des Lichteinfalls ins Haus hinein und dann, genau so wichtig, aus ästhetischen Gründen für den Betrachter von außen.

  • F
    freidenker

    Ist das ein Geschwalle. Worum geht es in diesem Artikel ? Um Wärmedämmung ?

     

    Was ist das für ein Gelaber über die Funktion des Fensters aus soziokultureller Sicht ?

     

    Um Geld zu sparen sollte man Soziologie und Literaturwissenschaft als Studiengänge abschaffen. Sich über Politiker beschweren und selbst nicht auf den Punkt kommen können.

     

    Dies ist nicht nur ein Vorwurf an manche Autoren dieser Zeitung, sondern auch an einige Kommentatoren.

  • MD
    Martin D.

    "Anstatt Tübingen einzupacken, soll man lieber mehr Energie sparen"

     

    genau! und am meisten energie spart man durch wärmedämmung. was für ein dummer satz also ...

     

    architekten die sich jetzt beschweren, haben es ja in den letzten jahrzehnten versäumt, die dämmung miteinzuplanen. das gibt es nämlich schon lange. klimaschutz und friedenssicherung durch verhinderung von rohstoff-/energiekriegen ist wichtiger als ästhetik.

  • HH
    Hans Heinrich

    "Anstatt Tübingen einzupacken, soll man lieber mehr Energie sparen..." Das Schlusstatement der Architekten zeigt den Grundkonflikt zwischen Umwelt- und Denkmalschützern - und die technische Ignoranz der Architektenschaft, die zwar meist einen "Dipl.-Ing. im Namen tragen, sich aber meist als Künstler verstehen und gebaren. Sonst müssten sie wissen, dass sich nirgends leichter und kosteneffizienter Energie sparen lässt als im Gebäudebereich.

     

    Dass eine Dämmung alter Gebäude technisch möglich ist, ist schon seit Jahren bekannt - doch bei kosteneffizienten Lösungen, mit denen sich etwa besonders strukturierte Fassaden erhalten lassen, gibt es tatsächlich noch einiges zu tun. Hier sollten Umwelt- und Denkmalschützer allerdings zusammenarbeiten statt mit Totalverweigerung zu reagieren.

     

    Denn wenn die ungedämmten Häuser kaum noch zu bewohnen sind, weil der Ölpreis in ein paar Jahren wieder auf 150 Dollar steigt, wie es jetzt z. B. der britische Energieminister Chris Huhne dann bleibt nur noch Zeit für Notlösungen: Schnell, billig, häßlich.

     

    Übrigens: Mein Wohnhaus wurde kürzlich gedämmt. Schießscharten oder "blinde Fenster" gibt es trotzdem nicht - vielmehr muss man schon sehr genau hinsehen, um überhaupt einen Vorher-Nacher-Unterschied zu sehen. Zum Beispiel, weil nun auf dem etwas größeren Fensterbrett mehr Platz für Blümchen ist - das dürfte auch die Fraktion der Ästheten freuen.

  • OG
    Olaf Geibig

    Könnte man nicht einfach die Dämmung um die Fenster herum abschrägen? Das sieht vielleicht immer noch seltsam aus, aber es würde vermutlich weder abschatten noch den Blickwinkel verengen. Die ästhetischen Einwände verstehe ich ja gut, aber leider ist Dämmung wichtig. So weit ich weiß wird im privaten Bereich noch immer wesentlich mehr Primärenergie für das Heizen aufgewendet als für Strom.

  • T
    topomoos

    Mal wieder eine sehr hiesige Diskussion.

    Palmer verkörpert leider den sehr deutschen Mangel an ästhetischem Bewusstsein und .Effizienz steht über Schönheit. Die eigentliche Herausforderung sollte es aber sein, dafür zu sorgen, das sich Effizienz und Schönheit nicht ausschließen. In Frankreich, Italien oder Benelux käme niemand auf die Idee das Antlitz gewachsener Städte durch radikale Wäremdämmmaßnahmen zu ruinieren.

  • SK
    Stefan K.

    In den Bestandsbauten der Jahrhundertwende ist allerdings auch durch den Rückbau der Kachelöfen Raum frei geworden, der jetzt eben wieder mit einer Innendämmung verbaut wird.

    Wenn die Fenster nicht in die Dämmebene versetzt werden, besteht die Gefahr von Wärmebrücken, weshalb es nicht nur sinnvoll, sondern auch geboten scheint diese ebenfalls zu erneuern bzw. zu versetzen. Wer "Schießscharten" in seiner Lochfassade hat, hat offensichtlich etwas falsch gemacht.

    Zudem ist nicht nur die Gestalt wichtig, sondern auch die Behaglichkeit, sprich die Funktion - und im Idealfall führt beides zusammen.

    Natürlich ist es eine neue Herausforderung für Architekten und reduziert erst einmal die Freiheitsgrade in der Gestaltung, aber man wird lernen spielerisch damit umzugehen und neue Lösungen zu finden.

    Hinter dem "konservativen" Ruf nach dem Althergebrachten verbirgt sich doch nichts anderes als die Furcht vor dem Betreten von Neuland.