: Wie Rennpferde in der Box
■ Schlimm! Hiesige Parteien rangeln um die besten Plätze für ihre Wahlplakate
Wenn schon die Inhalte im Wahl-Vorgeplänkel fehlen, der Streit um die Positionen ist nun voll entbrannt. Die Rede freilich ist nicht von politischen Positionen – zum Zankapfel sind die Standorte für die Wahlplakate geworden. Die CDU wirft der SPD in Bremerhaven vor, zu früh mit dem Plakatieren anfangen zu wollen – eine Sache, die die CDU in Bremen längst tun würde, kontert die SPD.
Die Bremerhavener CDU schreit Zeter und Mordio: Ihr ist ein interner Terminkalender des SPD-Unterbezirkes Bremerhaven zugespielt worden. Alle Wahlkampftermine der Sozialdemokraten bis zur vermeintlichen Machtübernahme in Bonn sind da aufgeführt: Fahrrad-Touren, Senioren-Frühstück, Schiffstour in die Vogelwelt und Bundestags-Wahl am 27. September. Heikel ist der Eintrag für Samstag, 1. August: „9 Uhr Plakate kleben, 14 Uhr Stellschilder aufstellen“. Nur – aufstellen dürfen sie ihre Din A 0-Stellwände in Bremerhaven erst ab dem 2. August, 0 Uhr. Genau wie alle anderen Parteien. Wegen der Chancengleichheit. So sagt es das Ortsgesetz der Hafenstadt. Bis dahin dürfen Parteien in Bremerhaven keine Plakate aufstellen. Anders als in Bremen. Hier können die Parteien schon jetzt Werbung machen – allerdings nur für Veranstaltungen der nächsten oder letzten 14 Tage. Reine Bundes-Propaganda ist noch nicht erlaubt. So scharren die Wahlkampf-Karawanen mit den Hufen und harren des Startschusses in ihrer Box.
In Bremerhaven war die SPD nahe dran, die Gäule durchgehen zu lassen, meint jetzt der stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende, Thomas Röwenkamp. „Bewußt und gewollt Rechtsbruch“ hätte die SPD mit ihrem verfrühten Startschuß begehen wollen, so Röwenkamp zum Terminplan der SPD. „Offensichtlich hat die SPD ein nachhaltig gestörtes Verhältnis zu unserem Rechtsstaat.“
Ganz klar: Würde die SPD einen Tag vorher aktiv, wären die prominentesten Standorte bereits besetzt, wenn die Trupps der anderen Parteien anrücken. Die CDU hat den Direktor der Ortspolizeibehörde angespitzt: Am 29. Juli hat er die Kontrahenten inzwischen eingeladen, um sie kurz vor dem Countdown an die Spielregeln zu erinnern. Die SPD zuckte zurück. Ordnungsgemäß werde am 2. August mit dem Plakatieren begonnen, so Lilo Rehberg aus Bremerhaven. „Um 0 Uhr“, fügt sie hinzu. Der Terminplan sei lediglich ein parteiinterner Vorschlag gewesen.
SPD-Landesgeschäftsführer Manfred Jabs reagiert weniger gelassen: Wenn die CDU mit Dreck werfe, na, dann könne man auch auf die Situation in Bremen hinweisen. Und da schummelten die Christdemokraten, indem sie ihre Veranstaltungen länger als 14 Tage im Voraus ankündigen. Oder sogar nur Bundestags-Plakate kleben.
Der Stellungskampf zumindest für die Bremerhavener ist nicht ganz neu: Schon bei der letzten Wahl hätte die SPD in Bremerhaven einige Tage zu früh gezuckt, erinnert sich CDUler Röwenkamp. Binnen Stunden hatte auch die CDU ihren Kleister angerührt, ebenfalls zu früh. „Man traf sich auf der Straße“, erinnert sich Lilo Rehberg von der SPD. „Wer zuerst draußen war, ist aber strittig“. Fest steht: Beide Parteien mußten für die Datumsverwechselung zahlen. Mehrere hundert Mark wegen Verstoßes gegen das Ordnungsgesetz. Aber was ist das schon für einen Wahlkampfetat? Christoph Dowe
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