Wie Facebook Suizide verhindern will: Netzwerk-Hilfe in der Lebenskrise
Mit einem Online-Formular können britische und irische Facebook-Nutzer Selbstmordabsichten von Freunden melden. Die neue Funktion könnte Leben retten.
BERLIN taz | "Habe alle meine Pillen genommen, werde bald tot sein." Diese Nachricht postete Simone Black aus Brighton, Großbritannien, zu Weihnachten auf ihrer Pinnwand im Social Network Facebook. Doch keiner ihrer 1.048 Online-Freunde informierte die Polizei. Schlimmer noch: Einige spotteten über Simones Status. Am nächsten Tag war sie tot.
Kommentare und Statusmeldungen mit Suizidgedanken tauchen bei Facebook immer wieder auf. Was aber tun, wenn einer der Freunde eine Statusmeldung verfasst, die auf Selbstmordgedanken hinweist? Eine neue Suizid-Warnfunktion soll in genau solchen Situationen helfen. Die Anwendung ermöglicht es den Nutzern Alarm zu schlagen, sobald einer ihrer Freunde einen solchen Kommentar verfasst.
Wichtig für Facebook ist über die Suizidprävention per Meldung hinaus die professionelle Unterstützung. Deswegen arbeitet das Social Network mit der britischen Hilfsorganisation Samaritans zusammen, die seit 1953 Menschen in Großbritannien und Irland bei ihren emotionalen Problemen telefonisch, per E-Mail und per Post zur Seite steht.
"Wir wollen daran erinnern, dass es immer ernst genommen werden sollte, wenn ein Freund sagt, dass das Leben nicht mehr lebenswert ist", sagte Catherine Johnstone, geschäftsführendes Vorstandsmitglied von Samaritans, der britischen Zeitung The Guardian. Facebook sei Teil des täglichen Lebens für viele und deswegen müsse gewährleistet werden, dass Menschen auch online Unterstützung bekommen, wenn sie sie brauchen.
Sobald Facebook eine Meldung über einen Kommentar mit Suizidabsichten erhält, wird Samaritans darüber informiert. Außerdem verständigen die Facebook-Mitarbeiter die Polizei, wenn die Meldung als besonders risikoreich eingestuft wird.
Ein Stück Verantwortung
Ein entsprechendes Formular, um Kommentare zu melden, finden die Nutzer im Hilfebereich des Social Networks. Unter dem Suchwort "Suizid" erscheint sofort die Frage: "Wie kann ich jemandem helfen, der auf der Webseite selbstmörderischen Inhalt gepostet hat?"
Hier wird zunächst auf Homepages und Telefonnummern von verschiedenen Hilfsorganisationen, darunter auch Samaritans, verwiesen. Außerdem erfolgt der Ratschlag, sich in dringenden Fällen umgehend an die Strafverfolgungsbehörden zu wenden. Der eigentliche Link, um den Kommentar zu melden, findet sich - eher unscheinbar - am Ende der Antwort auf die Frage.
Das Formular, das sich öffnet, verlangt die URL, auf der der Kommentar mit Selbstmordabsichten erschienen ist, das Datum, den vollen Namen des Nutzers, der den Kommentar veröffentlicht hat und die URL des Profils. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass ein Facebook-Mitarbeiter die Meldung überprüfen und alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergreifen wird. Die Meldung von Kommentaren mit Inhalten, die auf Suizidgedanken hinweisen, soll völlig anonym möglich sein.
Die Funktion wurde laut der britischen BBC seit Monaten unter Ausschluss der Öffentlichkeit getestet und ist seit ein paar Tagen online. Facebook übernehme so ein Stück weit Verantwortung für das, was auf der Webseite passiert und werde dem immer größer werdenden Druck der Öffentlichkeit, sich mehr um die User zu kümmern, ein Stück weit gerechter, sagte Rory Cellan-Jones, Technik-Experte der BBC. Unglücksfälle, wie der der 42 jährigen Simone Black könnten mit dieser neuen Einstellung in Zukunft besser verhindert werden.
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