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Widerstand in OttensenZweite Flora für Altona

Anwohner und Aktivisten wollen in Ottensen ein autonomes Zentrum schaffen, um sich gegen die Gentrifizierung zu wehren. Eine Besetzung sei denkbar.

Leerstand als Projektionsfläche: Hier könnte ein autonomes Stadtteilkulturzentrum entstehen. Bild: Henning Scholz

HAMBURG taz | Bis spätestens zum 1. Mai soll in Altona ein neues autonomes Stadtteilzentrum entstehen. Eine entsprechende Ankündigung prangte gestern an einem leer stehenden Gebäude in der Bahrenfelder Straße. Die AnwohnerInnen wollten nicht mehr tatenlos zusehen, "wie die Gegend allein nach ökonomischen Interessen umgestaltet wird", heißt es dazu in einer Erklärung auf der Webseite Indymedia.org.

Die AutorInnen beziehen das Vorhaben zum einen auf die in jüngster Zeit gescheiterten Versuche, selbst verwaltete Stadtteilzentren zu schaffen: Das vorübergehende Künstlerhaus Frappant am Altonaer Bahnhof ist bereits abgerissen und wird durch eine Ikea-Filiale ersetzt. Die ehemalige Seefahrtsschule an der Elbchaussee ist an Investoren verkauft worden. Außerdem endete vor drei Wochen das Vorkaufsrecht der Stadt für die Rote Flora, die jetzt ebenfalls verkauft werden könnte - allerdings unter strengen Auflagen.

Das autonome Zentrum sei als ein Akt der Solidarität mit der Roten Flora gedacht, sagt ein Stadtteil-Aktivist. Mit den Neubauten allenthalben, mit Ikea, mit den Plänen für eine "Neue Mitte" auf dem heutigen Bahnhofsgelände drohe Altona in Turbo-Geschwindigkeit gentrifiziert zu werden. "Wir brauchen einen Kontrapunkt dazu", findet der Aktivist.

Tatsächlich ist der Wandel in Altona unübersehbar: Die alten Treffs wie das Café Insbeth verschwinden, die Behelfsbauten mit den günstigen Ladenlokalen und die billigen Wohnungen ebenfalls. Wer zuziehen will, muss ein gutes Einkommen vorweisen. Die Mittelschichts-Feinschmecker-Kultur schwappt im Vorgriff auf Ikea von Ottensen nach Altona-Altstadt.

"Man kann sich nirgendwo austauschen, ohne 3,50 Euro für einen Kaffee zu bezahlen", kritisiert der Aktivist. Stadtteilzentren wie die Motte oder die W 3 böten keine Lösung. Sie seien stark institutionalisiert, arbeiteten mit der Stadt zusammen und seien nicht Teil der Recht-auf-Stadt-Bewegung.

Das neue Zentrum hingegen solle nach dem Modell des Centro Sociale im Karoviertel funktionieren: selbstverwaltet, "in einem Akt der Selbstaneignung" von den AnwohnerInnen getragen und ausgefüllt. Auch die ehemalige Victoria-Kaserne, in die die KünstlerInnen aus dem Frappant umzogen, komme nicht infrage. Sie sei zu abgelegen und im übrigen ein künstlerischer, kein offener Ort.

Wie, wo und in welcher Form das autonome Stadtteilzentrum eröffnet werden soll, bleibt offen, um das Überraschungsmoment zu wahren. "Eine Besetzung kann man sich durchaus vorstellen", sagt der Aktivist. Zum avisierten Termin, am 1. Mai, wird es ohnehin reichlich Bewegung geben in Altona: Die Euromayday-Parade gegen Armut und Ausgrenzung soll gegen 17 Uhr vor der Ikea-Baustelle enden, eine "revolutionäre 1. Mai-Demo" startet um 18 Uhr am Altonaer Bahnhof.

Bereits am 30. April ist ab 15 Uhr eine Demo für die Rote Flora auf dem Schulterblatt angesetzt. Für den Abend hat die Rote Flora zum antikapitalistischen Tanz in den Mai eingeladen. Tagsüber werden viele in Bremen gegen einen Neonazi-Aufmarsch protestieren.

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7 Kommentare

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  • P
    pjotr

    Die Rote Flora bleibt, die neue Flora kommt!

    http://www.youtube.com/watch?v=ECBEoWrpHfo&feature=channel_video_title

  • A
    Andreas

    mir ist die Motte auch zu kompliziert. Bevor man da mal einen Termin bekommt um einen Nachmittag lang eine Werkbank benutzen zu können, hat man einen langen weißen Bart. Da gibt Dir jeder mit dem Du sprichst nur eine andere, weitere Telefonnummer.

     

    So was wie ein Bürgerhaus, dass nicht von "oben herab" verwaltet wird, wäre wirklich mal eine tolle Sache. Allerdings sollte dass dann auch nicht von irgendwie ideologisch geprägten Leuten vereinnahmt oder "gegen anders denkende verteidigt" werden.

     

    Wenn man in Hamburg als "Arme Kirchenmaus" mal ne Versammlungsstädte, einen Vortragsraum oder eine Werkstatt braucht (ob als Künstler, Hobbybastler oder kleiner Verein) ist man wirklich aufgeschmissen.

     

    Ob Reiche, Arme, Linke oder sonstige Leute städtische Räume in Besitz nehmen: Ich finds immer blöd. Mir wäre ein "gemeinsam für alle" am liebsten. Streit gibt es immer, aber kluge Menschen reden wenigstens miteinander, weil am Ende alle mehr davon haben.

  • H4
    Holger 40

    Den Aktivisten meinen unaufrichtigen Dank dafür, daß sie das Recht, jederzeit eine „Stange Wasser“ in die Ecke stellen zu dürfen, nun auch in Ottensen durchsetzen wollen.

  • SS
    sampaulühü sampaulühü

    Sind das denn wirklich mehrheitlich "Anwohner", oder nicht doch eher die immer gleichen paar "Aktivisten"? Bei dem Frappant-Entscheid zeigte sich ja, dass viele "Altonaer" gar nicht so sehr auf Seite der "Künstler" standen. Viele wollen wohl ihr Altona wohl lieber lieber etwas geleckt und schick und langweilig. Das muss man dann auch akzeptieren, auch wenn man es nicht richtig findet. Oder die Bevölkerung überzeugen und auf die eigene Seite ziehen. Aber damit hatte es die "radikale Linke" in Deutschland ja noch nie so. Lieber als kleine Elite im Schmuddel-Muff rumhocken, und sich gegenseitig auf die Schultern klopfen? Das braucht aber dann eben auch niemand sonst. Dass die Flora sich - zeitweise - mal bischen mehr geöffnet hatte, wurde ihr ja auch gleich als "Kommerzialisierung" angekreidet.

  • J
    Jan

    Ne, die Nazis haben vor einigen Tagen einen Rueckzieher gemacht, zumindest ist es jetzt keine Gegendemo mehr. Jetzt findet deren Mist einen Tag frueher statt. Hab leider nur diese eine Mistquelle gefunden, moderiert sie raus, wenn ihr wollt: http://www.npd-bremen.de/index.php?s=3&aid=1413

  • K
    Klaus

    Hervorragend. "Getragen von AnnwohnerInnen" -- damit sind dann wohl wieder die Jugendlichen gemeint, die am Wochenende zu den Konzerten und zum feiern anreisen. Die AnwohnerInnen danken vielmals für die freundliche Urinbewässerung der Hauseingänge. Kommt leute, Flora und CS sind nicht weit weg, 10 Minuten mit'm Fahrrad und man ist da. Wird jetzt selbst die linksalternative Bewegung gentrifiziert, muss nun neben jeder von diesen dämlichen Kaffeeläden ein autonomes Zentrum entstehen?

  • KN
    kein name

    Falsche Information: Die Flora hat nicht zu einem "Tanz in den Mai" geladen. Sie bleibt am Abend - wie die Jahre zuvor - geschlossen.