Widerstand gegen Boliviens Präsident steigt: Krach im Land von Evo Morales

Wenige Tage vor dem Referendum über die Absetzung des Präsidenten und aller Gouverneure ist es in Bolivien zu gewalttätigen Streitigkeiten gekommen. Das Land ist extrem polarisiert.

Hier ist der Protest friedlich: Demonstranten in Tarija. Bild: reuters

Zwölf Verletzte lautet die Bilanz der Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten am Flughafen von Tarija am Dienstagabend. Da war in Buenos Aires gerade die Entscheidung gefallen, die den Präsidenten des Zivilkomitees von Tarija, Reynaldo Bayard, frohlocken ließ. In einer Pressekonferenz hatte Venezuelas Präsident Hugo Chávez verkündet, dass er nicht gemeinsam mit seiner argentinischen Kollegin Cristina Kirchner nach Tarija reisen werde. "Wir haben beschlossen, die Reise aus Gründen der Sicherheit - oder besser der Unsicherheit - aufzuschieben", so Chávez. In Tarija wurde diese in Abstimmung mit Boliviens Präsident Evo Morales getroffene Entscheidung als Erfolg bejubelt. Dort war das erklärte Ziel, Evo Morales "daran zu hindern, einen Fuß auf den Boden Tarijas zu setzen".

Als Provokation hatte Reynaldo Bayard den anvisierten Besuch in den letzten Wochen mehrfach bezeichnet, und auch in anderen Landesteilen gilt der demokratisch legitimierte Präsident als unerwünschte Person. Vor allem in den wirtschaftlich starken Departementos, deren Anordnung auf Boliviens Landkarte einen Halbmond bilden und die deshalb "media luna" genannt werden, ist der Widerstand gegen den Präsidenten und seine Regierung in den letzten Monaten merklich gestiegen. "Das haben die Autonomiereferenden gezeigt, die in allen vier Regionen mit Erfolgen der Opposition endeten", so Miguel Buitrago, Bolivienexperte am Hamburger Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA).

"Beide Seiten reagieren derzeit reflexartig aufeinander und zeigen wenig Bereitschaft zum Dialog", kritisiert der gebürtige Bolivianer. Daran wird auch das für den Sonntag anstehende landesweite Referendum über die politische Zukunft von Evo Morales und die Präfekten der Departementos wenig ändern. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass sowohl Evo Morales als auch die wichtigsten Präfekten der Opposition wie Rubén Costas in Santa Cruz bestätigt werden", schätzt Buitrago. Für Morales, der derzeit vor allem über Dekrete regiert, wäre ein gutes Ergebnis jedoch ein wichtiger Legitimationsschub, um das auf Eis liegende Referendum über die neue Verfassung endlich durchführen zu können, so Buitrago.

Auch dazu sind Verhandlungen nötig, und der stellvertretende Vorsitzende der verfassungsgebenden Versammlung, Roberto Ivan Aguilar Gómez, würde sie begrüßen. Doch dazu gibt es weder bei der Opposition noch in der Regierungspartei ausreichend Bereitschaft, argumentieren deutsche Bolivien-Experten wie Stefan Jost von der Universität Trier. Er wirft der Regierung in einer gerade erschienenen Analyse vor, dass sie immer noch nicht begriffen habe, dass ein neuer Gesellschaftsvertrag nicht mit einfacher Mehrheit zu verabschieden sei. Eine Folge ist die steigende Polarisierung, die sich landesweit bemerkbar macht.

Für die Proteste in Tarija war die "Unabhängige Garde von Tarija" maßgeblich verantwortlich - und auch in anderen Regionen gibt es gut organisierte Garden und Milizen, die die Proteste gegen die Zentralregierung in La Paz organisieren und steuern.

Gut organisiert ist aber nicht nur die Opposition, sondern auch die Bolivianische Arbeiterzentrale (COB). Die liefert sich mit der Regierung Morales eine heftige Auseinandersetzung um die Rentengesetzgebung. Bei Protesten nahe der Bergbaustadt Oruro kam es am Dienstag zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Kumpel der Huanuni-Mine und der Polizei. Dabei starben zwei Bergarbeiter und über dreißig weitere wurden verletzt. Ein anderes Beispiel für die zunehmende Polarisierung, die das Andenland derzeit prägt.

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