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Whopper–Wachstum nicht zu stoppen

■ McDonalds erobert bundesrepublikanischen Fast–Food–Markt / Soziales Image überstrahlt Umweltsünden

Aus Düsseldorf J. Nitschmann

Wer nicht genau weiß, wo er da gelandet ist, wähnt sich am Ende auf einer Pressekonferenz der „Aktion Sorgenkind“. Von nüchternen Gewinn– und Verlustrechnungen mögen die modisch gestylten Manager am liebsten gar nicht reden auf ihrer Bilanzpressekonferenz in der Düssseldorfer Nobelabsteige „Steigenberger Hof“. Stattdessen ziehen sie vor der versammelten Wirtschafts–Journaille eine Bilanz der guten Taten. Die Herren verstehen sich aufs vollmundige Understatement. Fast treibt es ihnen die Schamesröte ins Gesicht, als sie auf Nachfragen bereitwillig einräumen, daß ihre so selbstlos scheinenden Geschäfte auch erkleckliche Gewinne abwerfen. Wir sind bei McDonalds Jahrespressekonferenz für die bundesdeutsche Dependance des Hamburger–Riesen. In den prall gefüllten Pressemappen ist viel über „großherzige Spenden“, „umweltfreundliche Verpackungen“, „kalorienarme Produkte“ und das „soziale Engagement“ des Burger–Imperiums (“jedes Restaurant ein sozialer Partner“) nachzulesen: „Ob es sich um eine Spende für die Johanniter–Unfall–Hilfe, für die Verkehrswacht, für den Kinderschutzbund oder um die Unterstützung lokaler Vereine handelt - McDonalds redet nicht nur über soziales Engagement gegenüber der Gemeinschaft, sondern praktiziert dieses auch.“ Da wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Als die Schnellimbiß–Kette jetzt ihr 10.000stes Ladenlokal auf diesem Erdball eröffnete, stiftete sie zehn Millionen Dollar für soziale und medizinische Einrichtungen aus schierer Dankbarkeit gegenüber „jener Gemeinschaft, die einem McDonalds Restaurant die Mög lichkeit gibt, eine alternative Form der Gastronomie am Ort zu sein“. Wer die edlen Burger–Brater freililch nicht gewähren läßt, dem versuchen sie schlicht das Maul zu stopfen. So erging es der von der evangelischen Kirche mitfinanzierten „Fast–food–Initiative Volksmund“, die den Buletten– Konzern wegen seiner Verstrikkung in die Abholzung der Regenwälder in der Dritten Welt anprangerte. Zahlreiche Subunternehmer von „McDonalds, die die Burger–Restaurants als Lizenznehmer betreiben, drohten der evangelischen Kirche unverhohlen mit dem Austritt und Kirchensteuerboykott ihrer bundesweit rund 18.000 Mitarbeiter, wenn sie den vorlauten „Volksmund“ weiterhin finanziell unterstütze. Die „McDonalds–Manager waschen ihre Hände in Unschuld. Zwar zeigen sie „durchaus Verständnis für die Verärgerung und den Unmut“ ihrer Lizenznehmer, gleichwohl aber distanzieren sich die sauberen Herren von den Drohgebärden ihrer Restaurantbetreiber, die sich nicht einmal scheuten, die Aktivitäten des Frankfurter „Volksmund“–Büros (“Bürger gegen Burger - Das Hackfleischimperium stoppen“) in den Dunstkreis des Terrors zu rücken: „Irgendwann werden die ersten Bomben geworfen, und hierbei können sich die Täter dann auf die Evangelische Kirche berufen“, tönte der hessische „McDonalds“–Lizenznehmer Jörg Huhla. Das für Marketing und Werbung zuständige „McDonalds“– Vorstandsmitglied Rolf Kreiner bedauert, daß die Kirche selbst diese Auseinandersetzung um die Finanzierung des „Volkmund“– Büros öffentlich gemacht habe: „Wir hatten daran nicht das geringste Interesse.“ Daran besteht kein Zweifel. Schließlich hat der Burger–Riese, der in der Bundesrepublik derzeit 262 Lokale mit einem Gesamtumsatz von 774 Millionen Mark betreibt, in den letzten Jahren durch seine umstrittenen Geschäftspraktiken für mehr Schlagzeilen gesorgt, als den eigenen Marketing–Leuten lieb war. Der Erfolg der „McDonalds“– Philosophie, die das Unternehmen mit den Worten „Qualität, Service, Sauberkeit und Preiswürdigkeit“ umschreibt, erklärt sich nach Auffassung von Brancheninsidern nicht zuletzt mit der Beschäftigung meist jugendlicher Kurzzeitarbeiter, die gerade den gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststundenlohn erhalten. 28 Prozent der Arbeitsstunden in den Burger–Lokalen werden nach den Angaben von „McDonalds“ noch immer von sogenannten „Geringverdienern“ mit einem monatlichen Maximaleinkommen von 430 Mark abgeleistet, wodurch die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung eingespart werden. Betriebsräte waren bei „McDonalds“ lange Zeit tabu. In Gelsenkirchen machte das Unternehmen vor drei Jahren sogar einen Laden dicht, als die Belegschaft rebellierte und partout einen Betriebsrat wählen wollte. McDonalds–Personalchefin Eva–Maria Sachse zeigt sich inzwischen bußfertig: „Wir haben hier in der Vergangenheit Fehler gemacht. Sei zwei, drei Jahren gehen wir aber den rechten Weg und bemühen uns, zu befriedigenden Lösungen mit der Gewerkschaft zu kommen.“ Freilich existiert heute nur in neun der insgesamt 262 bundesdeutschen McDonalds–Lokale ein Betriebsrat. Mit Fleisch oder Futtermitteln aus der Dritten Welt will der Burger–Konzern nichts zu tun haben: „Wir haben uns seit jeher als deutsches Unternehmen verstanden und beziehen fast sämtliche Rohware inclusive des Fleisches aus der Bundesrepublik“, erklärte Vorstandschef Walter Rettenwender. Zahlreiche Dritte–Welt– Gruppen behaupten das glatte Gegenteil. Dennoch bleibt Rettenwender dabei: Die jährlich 10.000 Tonnen Rindfleisch für die bundesdeutschen Burger–Läden stammten allesamt von süddeutschem Weidevieh, „das entsprechend den strengen gesetzlichen Bestimmungen des Tierzucht– und Tierschutzgesetzes gehalten wird“. Über die bisweilen kühnen Argumentationskünste des Konzerns gibt ein Pressedokument zu den „umweltfreundlichen Verpackungen“ Aufschluß, die der Marktführer der deutschen Systemgastronomie ab Mitte 1988 einführen will: „Grundsätzlich kann „McDonalds“ nicht auf Einwegverpackungen verzichten. Bei einer Frequenz von bis zu 2.500 Gästen täglich pro Restaurant würde das Spülen von Mehrzweckgeschirr unlösbare hygienische Probleme verursachen und zu einer enormen Umweltbelastung durch Wasserverbrauch führen.“ Und, leider, leider: „Die Herstellung von Lebensmittelverpackungen aus recyceltem Material verbietet der Gesetzgeber.“ Also haben die vorausschauenden Burger–Brater auf fluorchlorkohlenwasserstoffreie Verpackungen umgestellt, wie sie der Gesetzgeber ab 1990 ohnehin zwingend vorschreibt. Der Gewinnhunger des Hamburger–Konzerns ist noch längst nicht gestoppt, der bundesdeutsche Markt keineswegs gesättigt. Bis zum Jahre 2000 will das Unternehmen seine Schnell–Imbiß–Lokale in der Bundesrepublik auf über 500 verdoppeln, den derzeitigen Jahresumsatz von 774 Millionen Mark pro anno um 15 bis 20 Prozent steigern.

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