piwik no script img

Wettbewerb Bauakademie BerlinInhalt vor Form

In Berlin wurden die Entwürfe für die Schinkel’sche Bauakademie präsentiert. Im Wettbewerb gibt es fünf Gewinner, die als „Ideenbausteine“ dienen.

Das Denkmal von Karl Friedrich Schinkel steht vor der Schaufassade der Berliner Bauakademie Foto: dpa

Offenbar hat man in Berlin vom Stadtschloss gelernt. Für dessen Rekonstruktion stritt man erst über die Fassadenornamentik, ehe verhandelt wurde, was hinter dem Barockschmuck vonstatten gehen soll. Für die Schinkel’sche Bauakademie, deren Wiederaufbau seit 2016 beschlossene Sache ist, hat man nun einen ungewöhnlichen Schritt gewagt: Bund und Land Berlin lobten einen offenen Programmwettbewerb aus.

Mit der vagen Angabe, einen „Ort für Diskurskultur über Architektur“ zu entwickeln, sollen zunächst Konzepte für die Bauakademie entstehen, bevor mit einem Realisierungswettbewerb über Architektur debattiert wird. Am Montag, den 7. Mai wurden die Ergebnisse verkündet.

Das Rekonstruktionsprojekt inhaltlich aufzuziehen erscheint richtig, „Gestaltung ist unsichtbar“, wie der Sozioökonom Lucius Burckhardt postulierte, und so nimmt mit diesem Wettbewerb – fünf gleichwertige Gewinner, fünf Anerkennungen – erst einmal die immaterielle Struktur der zukünftigen Bauakademie Konturen an, ehe eine bauliche Form entsteht: Alle prämierten Beiträge, die fortan als „Ideenbausteine“ für ein verbindliches Konzept herangezogen werden, präsentieren die zukünftige „Nationale Bauakademie“ als Plattform.

Verschiedene Einrichtungen aus Architektur und Städtebau sollen sich hier bündeln, etwa die TU Berlin, das steht fest, vermutlich auch das Goethe-Institut. Handwerk, Bildung, Forschung und Ausstellung sollen in der neuen Architekturhalle vermittelt werden.

Die Bildferne ist genau richtig

Über Schalträume, wie es AFF Architekten mit Ulrich Müller vorschlagen und eine elastische innere Struktur, wie es sich das Duo merz merz vorstellt, soll das multidisziplinäre Programm in die kleinen Kubatur des historischen Schinkelbaus einziehen. Auch eine unabhängige Intendanz für das Haus wird gefordert.

Für die bildorientierte Öffentlichkeit könnte die mangelnde Sichtbarkeit des Wettbewerbs seltsam sein. Anstatt streitbare Details von rekonstruierten Fassaden zu liefern, zeigen Entwürfe abstrakte Diagramme. Doch diese Bildferne ist genau richtig. Debatten um Rekonstruktionen sind schließlich immer von Illustrationen und computersimulierten Geschichtsvisionen begleitet worden, die eine Auseinandersetzung über Sinn und Zweck eines Wiederaufbaus auch zu einem politischen Agitationsfeld werden lassen.

So wie es der Architekturtheoretiker Stephan Trüby im Falle der nun eröffneten neuen Frankfurter Altstadt darstellte, haben Rechtsextreme die Rekonstruktionsdebatte für sich vereinnahmen können. Inhalte für Architektur jedoch, wie sie jetzt für die Bauakademie diskutiert werden, sind weitaus schwieriger zu instrumentalisieren als ­Bilder.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!