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Wettbetrugverdacht beim LiteraturnobelpreisAlles auf Tranströmer!

Kurz vor Bekanntgabe des Literaturnobelpreises wurden verdächtig viele Wetten auf Tomas Tranströmer platziert. Schwedens Staatsanwaltschaft ermittelt.

Ein ganz heißer Tipp: Tomas Tranströmer. Bild: reuters

STOCKHOLM taz | Wird nach dem Fußball nun auch der Nobelpreis von Wettbetrug heimgesucht? Die schwedische Spezialstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Korruption prüft, ob es im Zusammenhang mit der diesjährigen Verleihung des Literaturnobelpreises zu Straftaten gekommen sei. Wenige Stunden vor Bekanntgabe des Preisträgers hatte es nämlich auffallend viele Wetteinsätze auf Tomas Tranströmer gegeben.

Die Quote, die am Donnerstagmorgen um 9 Uhr noch bei 1:14 lag, sackte dadurch binnen drei Stunden auf 1:1,66. Eine derartige Entwicklung habe man vorher noch nicht erlebt, sagt Sofia Hjärtberg, schwedische Sprecherin der britischen Wettfirma Ladbrokes. "Plötzlich schienen alle, die spielten, felsenfest von Tranströmer überzeugt zu sein."

Ähnliches war vor drei Jahren passiert, als plötzlich der relativ unbekannte französische Schriftsteller Jean-Marie Le Clézio bei den Wettbüros zum Favoriten aufgestiegen war – und wenige Stunden später tatsächlich als Preisträger feststand. Ladbrokes stoppte das Spiel und Horace Engdahl, der damalige ständige Sekretär der Schwedischen Akademie, äußerte den Verdacht, ein Insider könne geplaudert haben. Eine interne Untersuchung blieb allerdings ergebnislos.

Nachdem nun die Staatsanwaltschaft aktiv wurde, werde es dieses Mal keine Internuntersuchung geben, teilte Odd Zschiedrich, Kanzleichef der Akademie, mit: "Wir können das auch nicht kommentieren." Die Akademiemitglieder selbst seien die letzten Stunden vor der Bekanntgabe des Preises jedenfalls in einer internen Sitzung gewesen, und die übrigen Mitarbeiter könnten auch keine Informationen nach draußen gegeben haben.

Was so offenbar nicht stimmt. Akademiemitglied Pär Westberg sagte der Nachrichtenagentur TT, der Preisträger stehe etwa eine Woche vor der Bekanntgabe fest, davon erfahre auch ein kleiner Kreis außerhalb der Akademie, da Pressemitteilungen vorbereitet werden müssten.

Reich werden konnten Spieler mit möglichem Insiderwissen allerdings nicht. Die höchsten Gewinnquoten lagen laut Ladbrokes bei umgerechnet etwa 1.500 Euro. Die hätten allerdings mehrere Spieler kassiert.

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