Westerwelle will Außenminister werden: Guidos Vision
Mit ihm als Außenminister wäre für Guido Westerwelle alles besser. Und für Frauen. Und Schwule. Weltweit.
Guido Westerwelle sucht nach einer neuen Rolle, und diesmal soll sie über politische Inhalte verfügen. In einem Interview mit dem Magazin Stern erklärte der FDP-Fraktions- und Parteichef, was niemand je bezweifelt hat: Der 46-Jährige will nächstes Jahr Außenminister werden. Damit er auf die Frage "Warum?" nicht "Darum!" antworten muss, hat sich Westerwelle ein paar Antworten zurechtgelegt. Zum Beispiel diese: "Die ganz große Mehrheit der Bevölkerung hat überhaupt kein Problem mit meinem Privatleben. Es würde unserer Außenpolitik übrigens gut anstehen, wenn sie diesen Geist der deutschen Toleranz in andere Länder tragen würde."
Falls er 2009 Frank-Walter Steinmeiers Nachfolger werde, wolle er Staaten die Entwicklungshilfe streichen, die Frauen als Menschen zweiter Klasse behandelten "oder wo Männer und Frauen hingerichtet werden, nur weil sie homosexuell sind".
Westerwelle hat in der Tat gute Chancen, nach der Bundestagswahl 2009 Außenminister zu werden. In dem Fall nämlich, dass Union und FDP zu zweit regieren können. Oder in einer Ampel- oder Jamaika-Koalition, wenn die Liberalen mehr Stimmen als die Grünen erhalten haben. Angst vor dem fordernden Amt lässt Westerwelle nicht erkennen: "Wenn ich mir ein solches Amt nicht zutrauen würde, hätte ich nicht Vorsitzender der FDP werden dürfen." Nun lässt sich vieles über Westerwelle sagen, nur nicht, dass es ihm an Selbstvertrauen mangelt. Viel erstaunlicher ist sein Wunsch, den "Geist der deutschen Toleranz" in alle Welt tragen zu wollen. Falls sein Parteifreund und Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher zwischen all den Interviews zum 20. Jubiläum des Mauerfalls noch etwas Zeit hat, dann könnte er seinen politischen Ziehsohn mal zur Seite nehmen. Westerwelles Vorvorvorvorgänger im Auswärtigen Amt würde ihm dann womöglich behutsam beibringen müssen, dass staatliche und persönliche Interessen sich voneinander unterscheiden können. Dass Bevölkerungen nicht in jedem Fall für die verbrecherischen Taten ihrer Regierung verantwortlich gemacht werden können. Und dass es ein umgangssprachlich immer noch "Entwicklungshilfeministerium" genanntes Gebilde gibt, das ganz gerne selbst über seinen Etat bestimmen möchte.
Warum aber entdeckt Westerwelle gerade jetzt seine moralischen Berufung? Seit Langem verzweifeln viele FDPler an ihrem Zugpferd: Einerseits hat Westerwelle unbestreitbare Erfolge bei Landtagswahlen und in Meinungsumfragen vorzuweisen. Andererseits beherrscht er als Generalsekretär (1994 bis 2001) und Parteichef seit 2001 nun fast eineinhalb Jahrzehnte lang das Image der Partei. Vielen Liberalen genügt es nicht mehr, als Anhängsel ihres obersten "Steuern runter"-Propagandisten wahrgenommen zu werden. Sie fordern mehr Platz für Bürgerrechtsthemen: keine staatliche Schnüffelei in privaten Computerdaten beispielsweise oder ein uneingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht für Anwälte, Ärzte, Priester und Journalisten.
Nun muss Westerwelle, dem solche Dinge noch nie Herzensanliegen gewesen sind, darauf eingehen. Beim Aufpolstern seines einseitigen Images - und seiner Partei - kommt ihm ein emotionales Thema mit persönlicher Note wie Homosexualität gerade recht.
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