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Westerwelle guckt zuDer Draußenminister

Im Streit um den Beiratssitz für Erika Steinbach sind die Fronten festgefahren. Einer aber ist zum Zuschauen verdonnert: Guido Westerwelle.

Zuschauer der Kanzlerin: Guido Westerwelle. Bild: dpa

Die Debatte um Erika Steinbachs Platz im Beirat der Stiftung gegen Vertreibungen hat viel gemein mit dem Streit über den Umgang mit der Schweinegrippe. Das klingt zunächst, als sei es an den Haaren herbeigezogen. Aber in einem Punkt ähneln die Diskussionen einander sehr: In beiden Fällen haben Missmanagement und Fehlkalkulationen zu einem Kommunikationsdesaster geführt, aus dem ein Entkommen unmöglich scheint. Doch anders als bei der Grippepandemie ist eine Lösung durch Menschenhand bei der Causa Steinbach zwar schwierig, aber möglich.

Schauen wir uns an, wie es zur verfahrenen Lage von heute gekommen ist. Ursprünglich hatte der Vertriebenen-Bund den Plan, eine Ausstellung zusammenzustellen über die Vertreibung von bis zu 14 Millionen Deutschen aus Osteuropa am Ende des Zweiten Weltkrieges. Dies rief Politiker verschiedener Parteien auf den Plan: Könnte da der Eindruck entstehen, in Deutschland verblasse die Erinnerung an die eigenen Verbrechen, während die im Krieg ausgebeuteten Länder Osteuropas als die wahren Bösewichte dastehen? Die Bundesregierung griff ein. Schließlich öffnete 2006 die betont kühl gehaltene Wanderausstellung "Flucht, Vertreibung, Integration". Der befürchtete Eklat blieb aus.

Es war ebenfalls der Bund, der die Oberhoheit über die Gründung einer "Stiftung gegen Vertreibungen" übernahm. Im Frühjahr 2008 beschloss das Kabinett, die beteiligten Organisationen könnten Mitglieder für den Stiftungsbeirat zwar vorschlagen, die Entscheidung aber liege beim Bund. Das war eine Lex Anti-Steinbach, durchgesetzt von der SPD.

Seither brodelt es im Bund der Vertriebenen (BdV): Dessen Präsidentin Erika Steinbach habe, argumentierten sie, den Beiratssitz verdient. Erst recht, da die Regierung dem BdV seine eigene Idee entrissen habe. Murrend gönnte Steinbach der Kanzlerin zu Jahresbeginn eine weitere Schonfrist: Die Frage, ob Steinbach in den Beirat ziehen darf, sollte aus dem Wahlkampf herausgehalten werden. Das lässt sich als Zugeständnis an die SPD verstehen. Immerhin hatte Steinbach 1990 bei der Abstimmung im Bundestag über die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze zwischen Deutschland und Polen mit Nein gestimmt. Merkels Hinausschieben lässt sich auch als taktisches Manöver verstehen: Die Kanzlerin wollte im Wahlkampf nicht alte Ressentiments gegenüber der Union nähren. Nach der Wahl, so die Botschaft an Steinbach, werde schnell entschieden. Bekanntlich kam es anders.

Verschlimmert hat die Lage die fehlende Absprache zwischen Außenminister und Kanzlerin in dieser Frage. Wie sein Vorbild Hans-Dietrich Genscher betont Guido Westerwelle stets Deutschlands Vermittlerrolle: zwischen größeren und kleineren Ländern, zwischen Ost- und Westeuropa. Dieses Verhalten ist auch taktisch bedingt: Die großen außenpolitischen Richtlinien gibt ohnehin das Kanzleramt vor. Da bleiben für Westerwelle nur vergleichsweise symbolische Aktionen wie die, seinen ersten Antrittsbesuch in Warschau abzustatten. Und nicht, wie es Tradition geworden ist, in Paris. Zum anderen scheint der einstige FDP-Lautsprecher noch nicht ganz zu verstehen, welches Gewicht seine Worte als Außenminister haben. Westerwelle hat der polnischen Regierung quasi das Versprechen des Bundes gegeben, Steinbach werde den Beiratsposten nicht erhalten. Nun steht er dort und kann nicht anders. Daran ändert auch Westerwelles Ankündigung vom Montag nichts, er sei zu einem Gespräch mit Steinbach bereit.

Die Kanzlerin tut, was sie in solchen Lagen meist tut: Sie verhandelt hinter den Kulissen. Steinbach bestätigte am Sonntag, dass Merkel ihr den Posten einer Staatssekretärin angeboten habe. Das habe jedoch mit dem jetzigen Konflikt nichts zu tun.

Lässt sich Steinbach nicht erweichen, wird Merkel ihre geliebte öffentliche Zurückhaltung aufgeben müssen: Entweder muss sie die mehr als skeptische Union dazu bringen, sich öffentlich auf Westerwelles Seite zu schlagen. Oder sie unterstützt Steinbach und lässt ihren neuen Außenminister im Regen stehen. Dies kann die Vertriebenen-Chefin ihrer Parteifreundin nur ersparen, indem sie doch noch einen Rückzieher macht. So oder so: Westerwelle ist, was er im Außenamt gerade nicht werden wollte: bloßer Zuschauer der Kanzlerin.

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12 Kommentare

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  • V
    vic

    Westerwelles Regierungs-Karriere neigt sich schon früh dem Ende zu.

    Er hat das Pech, zwischen den Alpha-Tieren Guttenberg und Merkel zerrieben zu werden. Und im aktuellen Fall wird Merkel ihre Freundin Erika unterstützen.

  • VR
    Volker Rockel

    Ein politischer running gag,- und kein Ende abzusehen!? Eines dürfte aber jetzt schon klar sein: Hierbei kann es keine Gewinner geben! Und wenn man sich (objektiv) versucht der Frage zu nähern, "worum geht es hier eigentlich und wonach sieht es aus?", dann könnte man meinen, dass Politik in Deutschland inzwischen immer weniger der Sache geschuldet ist, sondern irgendwelchen Interessen, die einem kollektivem Machtanspruch von Parteien und persönlichen politischen Ambitionen folgen!?

     

     

    Wir halten daher noch einmal fest: Die Stiftung “Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ basiert auf einem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetz. Der BdV hat laut dem Gesetz, drei Sitze im Stiftungsrat. Alle Mitglieder des Stiftungsrate werden berufen!

     

    Zwei der drei Sitze sind bereits seit April 2009, durch vom BdV benannte und dann berufene Personen des BdV, besetzt worden.- Für den dritten Sitz ist bislang niemand von BdV benannt worden. Auch Frau Steinbach nicht!

     

    D.h. formal kann Frau Steinbach auch nicht berufen werden!- Und offensichtlich gibt es gute Gründe seitens der politisch Verantwortlichen, auf eine Berufung der Frau Steinbach ggf. zu verzichten, auch wenn sie denn durch den BdV benannt würde!? (Und ich erinnere ganz beiläufig an den Namen der Stiftung: “Flucht, Vertreibung, Versöhnung“. Wobei sicherlich der Begrifflichkeit „Versöhnung“ - für die Nachkriegsgenerationen in Polen wie in Deutschland - eine besondere Bedeutung zukommt!)

     

     

    Und vor diesem Hintergrund beginnt das Verhalten der Frau Steinbach für den unbeteiligten Bürger nicht mehr nachvollziehbar zu werden; denn einen Anspruch darauf, dass ausgerechnet sie in den Stiftungsrat berufen wird, gibt es ohnehin nicht!

     

    Aber es spräche mit Sicherheit nichts dagegen, wenn der BdV (und um den geht es doch eigentlich,- oder?) einen anderen Kandidaten für den Stiftungsrat benennt!- Und der politische running gag fände endlich ein Ende...

  • K
    keetenheuve

    Die Entstehungsgeschichte der Ausstellung ist nicht ganz korrekt dargestellt. Der eigentliche Impuls zur Erinnerung an die Vertreibung der Deutschen war der Kosovo-Konflikt. Unter dem Eindruck der langen Flüchtlingstrecks, oft mit Planwagen, wurden ganz viele Deutsche unvermittelt an ihre dramatische Flucht aus dem früheren Ostdeutschland erinnert. Es sind eben nicht 14 Millionen aus "Osteuropa" vertrieben worden, sondern der größte Teil aus ihrer deutschen Heimat. Und genau deshalb muß es auch ein selbstverständliches Anliegen aller Deutschen sein, daran zu erinnern. Weshalb ausgerechnet die Vertriebenen "wegen der deutschen Verbrechen" ihr Schicksal nicht darstellen dürfen bzw. nur nach Maßgabe von Westerwelle und der polnischen Regierung, versteht kein politisch informierter Mensch. Und warum polnische Politiker unwidersprochen bis heute haßerfüllt auf Steinbach reagieren ("blonde Bestie", Bartszewski), ohne dass es nennenswerten Protest gibt, auch nicht.

  • V
    vic

    Frau Steinbach ist nicht deshalb untragbar, weil sich Polen an ihr reibt, sondern weil für diese Frau die Zeit stehen geblieben ist.

    Blöd für Merkel, langsam sollte sie sich dazu äußern. Entweder sie lässt ihr Außen-Placebo im Regen stehen, oder ihre Freundin.

  • K
    keetenheuve

    Westerwelle hat noch 2003 in einem fokus-interview ausdrücklich den Sitz für Steinbach unterstützt. Darüberhinaus hat er genau wegen dieser Ablehnung die SPD kritisiert. Wieso er jetzt plötzlich seine Ansicht komplett geändert hat, bleibt rätselhaft. Glaubwürdigkeit sieht anders aus. Fakt ist, dass Westerwelle einseitig Positionen und Forderungen der polnischen Kacsynski-Regierung unterstützt, die von Tusk übernommen wurden. Ob er auch Homophobie weiter Teile dieser Politiker vertritt, glaube ich nicht. Dazu äußert sich Westerwelle jedenfalls nicht, weil das ebenfalls in Polen nicht gut ankommen würde.

  • JK
    Juergen K.

    Letztlich guckt die ganze regierung zu;

     

    bei Allem.

  • V
    vic

    Westerwelles Regierungs-Karriere neigt sich schon früh dem Ende zu.

    Er hat das Pech, zwischen den Alpha-Tieren Guttenberg und Merkel zerrieben zu werden. Und im aktuellen Fall wird Merkel ihre Freundin Erika unterstützen.

  • VR
    Volker Rockel

    Ein politischer running gag,- und kein Ende abzusehen!? Eines dürfte aber jetzt schon klar sein: Hierbei kann es keine Gewinner geben! Und wenn man sich (objektiv) versucht der Frage zu nähern, "worum geht es hier eigentlich und wonach sieht es aus?", dann könnte man meinen, dass Politik in Deutschland inzwischen immer weniger der Sache geschuldet ist, sondern irgendwelchen Interessen, die einem kollektivem Machtanspruch von Parteien und persönlichen politischen Ambitionen folgen!?

     

     

    Wir halten daher noch einmal fest: Die Stiftung “Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ basiert auf einem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetz. Der BdV hat laut dem Gesetz, drei Sitze im Stiftungsrat. Alle Mitglieder des Stiftungsrate werden berufen!

     

    Zwei der drei Sitze sind bereits seit April 2009, durch vom BdV benannte und dann berufene Personen des BdV, besetzt worden.- Für den dritten Sitz ist bislang niemand von BdV benannt worden. Auch Frau Steinbach nicht!

     

    D.h. formal kann Frau Steinbach auch nicht berufen werden!- Und offensichtlich gibt es gute Gründe seitens der politisch Verantwortlichen, auf eine Berufung der Frau Steinbach ggf. zu verzichten, auch wenn sie denn durch den BdV benannt würde!? (Und ich erinnere ganz beiläufig an den Namen der Stiftung: “Flucht, Vertreibung, Versöhnung“. Wobei sicherlich der Begrifflichkeit „Versöhnung“ - für die Nachkriegsgenerationen in Polen wie in Deutschland - eine besondere Bedeutung zukommt!)

     

     

    Und vor diesem Hintergrund beginnt das Verhalten der Frau Steinbach für den unbeteiligten Bürger nicht mehr nachvollziehbar zu werden; denn einen Anspruch darauf, dass ausgerechnet sie in den Stiftungsrat berufen wird, gibt es ohnehin nicht!

     

    Aber es spräche mit Sicherheit nichts dagegen, wenn der BdV (und um den geht es doch eigentlich,- oder?) einen anderen Kandidaten für den Stiftungsrat benennt!- Und der politische running gag fände endlich ein Ende...

  • K
    keetenheuve

    Die Entstehungsgeschichte der Ausstellung ist nicht ganz korrekt dargestellt. Der eigentliche Impuls zur Erinnerung an die Vertreibung der Deutschen war der Kosovo-Konflikt. Unter dem Eindruck der langen Flüchtlingstrecks, oft mit Planwagen, wurden ganz viele Deutsche unvermittelt an ihre dramatische Flucht aus dem früheren Ostdeutschland erinnert. Es sind eben nicht 14 Millionen aus "Osteuropa" vertrieben worden, sondern der größte Teil aus ihrer deutschen Heimat. Und genau deshalb muß es auch ein selbstverständliches Anliegen aller Deutschen sein, daran zu erinnern. Weshalb ausgerechnet die Vertriebenen "wegen der deutschen Verbrechen" ihr Schicksal nicht darstellen dürfen bzw. nur nach Maßgabe von Westerwelle und der polnischen Regierung, versteht kein politisch informierter Mensch. Und warum polnische Politiker unwidersprochen bis heute haßerfüllt auf Steinbach reagieren ("blonde Bestie", Bartszewski), ohne dass es nennenswerten Protest gibt, auch nicht.

  • V
    vic

    Frau Steinbach ist nicht deshalb untragbar, weil sich Polen an ihr reibt, sondern weil für diese Frau die Zeit stehen geblieben ist.

    Blöd für Merkel, langsam sollte sie sich dazu äußern. Entweder sie lässt ihr Außen-Placebo im Regen stehen, oder ihre Freundin.

  • K
    keetenheuve

    Westerwelle hat noch 2003 in einem fokus-interview ausdrücklich den Sitz für Steinbach unterstützt. Darüberhinaus hat er genau wegen dieser Ablehnung die SPD kritisiert. Wieso er jetzt plötzlich seine Ansicht komplett geändert hat, bleibt rätselhaft. Glaubwürdigkeit sieht anders aus. Fakt ist, dass Westerwelle einseitig Positionen und Forderungen der polnischen Kacsynski-Regierung unterstützt, die von Tusk übernommen wurden. Ob er auch Homophobie weiter Teile dieser Politiker vertritt, glaube ich nicht. Dazu äußert sich Westerwelle jedenfalls nicht, weil das ebenfalls in Polen nicht gut ankommen würde.

  • JK
    Juergen K.

    Letztlich guckt die ganze regierung zu;

     

    bei Allem.