Werksschließung in Bochum: Nokia kauft sich frei
Der finnische Handyhersteller zahlt 40 Millionen Euro für die Stillegung seiner Betriebsstätte in Bochum. Die Gewerkschafter sind damit ziemlich unzufrieden.
BOCHUM taz Im Streit um zu viel gezahlte Subventionen für das Bochumer Nokia-Werk hat sich Nordrhein-Westfalens Landesregierung mit dem Handyhersteller außergerichtlich geeinigt. Statt der ursprünglich von NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) zurückgeforderten 60 Millionen Euro zahlt der finnische Konzern nun 20 Millionen an das Programm "Wachstum für Bochum". Außerdem stellt Nokia das Werksgelände zur Verfügung, dessen Wert auf 20 Millionen geschätzt wird. Aus Steuermitteln schießt auch das Land 20 Millionen Euro zu, so Thoben am Donnerstag.
Hintergrund des Streits waren Vorwürfe, die Finnen hätten Arbeitsplatzzusagen nicht eingehalten. Im Gegenzug für Subventionen habe sich der Konzern verpflichtet, am Standort Bochum mindestens 2.860 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, diese Zusage aber seit 2002 nicht eingehalten. Das Bochumer Werk war schon Mitte Mai stillgelegt worden, nachdem Nokia im Februar begonnen hatte, die Produktion trotz eines Konzern-Rekordgewinns von 7,2 Milliarden für 2007 nach Rumänien zu verlagern. Der Handyhersteller zahlt dort Monatslöhne von rund 200 Euro brutto, das ist etwa die Hälfte des rumänischen Durchschnitts. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte Nokia deshalb vorgeworfen, die Verlagerung sei "unverständlich, unangemessen und nicht in Ordnung" - der Christdemokrat wirbt derzeit verstärkt um ehemalige SPD-Wähler.
Offiziell geschlossen wurde die Fabrik allerdings erst am vergangenen Montag. In der taz hatten Vertreter der Gewerkschaft IG Metall die Landesregierung an dem Tag scharf kritisiert: Rüttgers und Thoben hätten den 2.300 festangestellten Nokia-Beschäftigten zwar "viel versprochen", so die Bochumer Gewerkschaftssekretärin Ulrike Kleinebrahm. Vor Ort sei davon aber "nichts zu sehen". Das Programm "Wachstum für Bochum" sieht nun zwar die "Ansprache geeigneter Investoren" vor. Auch wird an der Ruhr-Universität ein Lehrstuhl geschaffen, der die "kommerzielle Nutzung von wissenschaftlicher Forschung sicherstellen" soll - der kanadische Blackberry-Hersteller "Research in Motion" hatte zuvor Ingenieure der Forschungsabteilung eingestellt.
Über 1.500 ehemaligen, überwiegend nur angelernten Nokia-Beschäftigten aber droht die Arbeitslosigkeit: Wie im Sozialplan vorgesehen, wechseln sie zunächst in eine Transfergesellschaft. Wichtig sei nun die Schaffung "zusätzlicher Arbeitsplätze", betonte auch Regierungschef Rüttgers. Gewerkschafter erneuerten indes ihre Kritik an der Landesregierung: Die habe "ihre Ziele nicht erreicht", so Nordrhrein-Westfalens DGB-Chef Guntram Schneider zur taz. Nötig seien Jobs für Fabrikarbeiter, mahnt auch IG-Metall-Gewerkschaftssekretärin Kleinebrahm. "Ein Forschungslehrstuhl reicht nicht."
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