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Werkhof genasführt

■ Sparkasse verkaufte das Neustädter Lindenbauer-Gelände an anderen Interessenten / Wohnungen statt alternativer Projekte und Belebung des Stadtteils

„Die haben uns immer nur an der Nase herumgeführt“, sagt Cornelia Korthe vom Bremer Verein „Anders Arbeiten“. Eineinhalb Jahre hat dessen Vorstand mit der Bremer Sparkasse über den Kauf des ehemaligen Lindenbauer -Betriebshofgeländes in der Bremer Neustadt verhandelt. Dort sollte das größte alternative Gewerbeprojekt der Hansestadt entstehen, ein integrierter Produktions-, Dienstleistungs und Kulturbetrieb. Jetzt hat die Sparkasse an einen anderen Interessenten verkauft.

„Ausschließlich und allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen“, wie Wolfgang Götz von der Bremer Sparkasse versichert. Den erzielten Preis und den Namen des Käufers will er allerdings nicht nennen. Auf dem Grundstück sollen jetzt Wohnungen errichtet werden. Dies sei auch im Interesse der Anlieger, die sich gegen eine erneute gewerbliche Nutzung des Grundstücks gewehrt hätten. Götz habe ohnehin den Eindruck gehabt, daß die alternativen BewerberInnen für ihr Projekt auch noch andere Grundstücke in Aussicht gehabt und die Bedingungen der Sparkasse für einen Kauf nicht ernst genommen hätten.

Cornelia Korthe sieht dies ganz anders: „Nach meinem Eindruck hatte die Sparkasse von Anfang an Zweifel an unserer Seriosität. Sie hat auch die Finanzierungsübernahme für das Projekt abgelehnt.“ Trotzdem war der Verein

bis jetzt davon ausgegangen, aussichtsreicher Bewerber für den Erwerb des Neustadtgeländes zu sein.

Mit der Sparkasse hatte es in den letzten Monaten eine ganze Reihe von Gesprächen gegeben. Der Kaufpreis lag zuletzt bei etwa 1,2 Millionen Mark. Auch aus dem politischen Bereich war Wohlwollen und Unterstützung signalisiert worden. Hans Koschnick und Bürgermeister Klaus Wedemeier, beide Mitglied im Verwaltungsrat der Bremer Sparkasse, hatten ihre Hilfe zugesagt. Und von Wirtschaftssenator Bernd Meyer war sogar eine finanzielle Förderung in Höhe von 400.000 Mark in Aussicht gestellt worden. Auch der Neustädter Beirat zählte zu den Befürwortern des Projekts.

Aus gutem Grund: Der alternative Gewerbehof in der Neustadt hätte zu einer wirtschaftlichen und sozialen Belebung des gesamten Stadtteils geführt. Neben dem bereits 1982 gegründeten Werkhof, dem die Räume in der Hohentorsheerstraße zu klein geworden sind, sollten unter anderem ein ökologischer Garten- und Landschaftsbaubetrieb, eine Ateliergemeinschaft von vier bildenden KünstlerInnen und ein Lagerraum für den Verein „Entwicklungshilfe von Volk zu Volk“, der Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika unterstützt, entstehen. Daneben sollten auf dem Neustadtgelände ein Cafe und Seminarräume eingerichtet werden. „Dort wären dann auch neue Aus

bildungs-und Arbeitsplätze im sozialen und ökologischen Bereich entstanden“, so Heinz Gerken vom Netzwerk in Bremen.

Für die beteiligten Betriebe, deren wesentlicher Bezugspunkt die kollektive Form der Arbeitsstrukturen ist, hätte die Nutzung des Lindenbauer-Geländes zu einer entscheidenen Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Rahmenbedingungen führen können. Neue KäuferInnenschichten hätten dort angesprochen, soziale und betriebliche Probleme hätten gemeinsam angegangen werden können. Und die Alternativbetriebe waren auch interessiert: Für etwa 60 Prozent der Fläche lagen dem Trägerverein „Anders Arbeiten“ bereits feste Belegungen vor, für die anderen Räume gab es feste Interessenten.

Auch wenn „wir es noch nicht richtig glauben können“, wie Cornelia Korthe sagt - mit dem Scheitern des Projekts auf dem geplanten Gelände müssen sich die Alternativen wohl abfinden. Aber sie sind sich einig: Das darf nicht zum Tod des gesamten Gewerbehofprojektes führen. Zwar fehlt es derzeit an geeigneten und aussichtsreichen Grundstücken, aber die Suche nach einem neuen Gelände ist bereits angelaufen. Angepeilt ist nach Auskunft von Ingo Mohrmann, Vorstandsmitglied bei „Anders Arbeiten“, die ehemalige Brauerei im Buntentorsteinweg, die jetzige Hauptfuhrparkstelle der Stadtreinigung. Das Gelände ist zentral gelegen, würde aber erhebliche Investitionen erfordern. om

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