Werbeverbot: Hochbahn unpolitisch
Die Drogenberatungsstelle Palette bewirbt mit einem Plakat eine Diskussion zur Legalisierung. Aber nicht bei der Hochbahn – der gefällt der Inhalt nicht.
HAMBURG taz| Ein pinkfarbenes Plakat der Drogenberatungsstelle Palette sollte zurzeit an den U-Bahnhöfen hängen – „Ohne Legalisierung geht es nicht. Der weltweite Krieg gegen Drogen ist gescheitert“, stünde darauf. Die Hamburger Hochbahn hat das verhindert.
Das Plakat, mit dem der Verein Palette zu einer Diskussionsveranstaltung anlässlich seines 25-jährigen Jubiläums einladen will, verstoße gegen die Spielregeln für Fremdwerbung. „Unzulässig ist Werbung, die zum Verstoß gegen geltende Gesetze aufruft. Aus diesem Grund werden wir diese Werbung nicht freigeben“, begründete die Hochbahn das Verbot gegenüber der Promotion-Agentur Cartel X, die mit dem Aufhängen der Plakate beauftragt war.
Palette reagierte entspannt auf das Werbeverbot. „Diese etwas dümmliche Begründung spricht für sich selbst“, sagte Geschäftsführer und Vereinsvorstand Rainer Schmidt der taz. Mit dem Plakat rufe sein Verein schließlich nicht zum Gesetzesverstoß auf, sondern lade zur Diskussion über bestehende Gesetze ein.
Die Einrichtung plädiere ja gerade für eine Änderung der Gesetze, sodass DrogenkonsumentInnen nicht mehr dagegen verstoßen müssten. Eine Diskussion über bestehende Gesetze bereits als Aufruf zum Gesetzesverstoß zu interpretieren, hält Schmidt für „arg daher geholt“. Dahinter stehe ein merkwürdiges Rechts und Demokratieverständnis der Hamburger Hochbahn.
Bietet seit 1989 ambulante psychosoziale Betreuung für DrogenkonsumentInnen in Hamburg an.
Vertritt dabei einen drogenakzeptierenden Ansatz nach dem Motto: "Ob mit oder ohne Droge, Hauptsache ihr kriegt eure Lebensorganisation gut hin."
Betreibt seit Anfang der 1990er auch "Iglu", eine Beratungsstelle für Angehörige von KonsumentInnen, und eine Straßensozialarbeitsstelle.
Feiert am 24. November den 25. Geburtstag in der Dreieinigkeitskirche St. Georg - unter anderem mit Rocko Schamoni und dem Theaterprojekt "Heroinschorle Dreifuffzig". Auf dem Programm stehen zudem ein drogenpolitischer Rundgang durch St. Georg sowie Vorträge und Diskussionen.
Diese kann auf dem Feld des Werbeverbots als Wiederholungstäterin betrachtet werden. Im letzten Jahr gab es bereits einen ähnlichen Fall: Die Hochbahn weigerte sich, auf den Monitoren in den U-Bahnen Werbung für den Deutschen Humanistentag auszustrahlen.
Der Humanistentag fand zeitgleich mit dem Evangelischen Kirchentag in Hamburg statt und sollte mit dem Slogan „Gut ohne Gott“ beworben werden. Das war der Hochbahn zu heikel und sie stornierte den Werbevertrag. Als sie daraufhin in die öffentliche Kritik geriet, ruderte sie zurück und sprach von einem „kommunikativen Missverständnis“.
Damals war kritisiert worden, dass die Hochbahn mit dem Filtern von Werbung gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz von 2006 verstoße. Das Gesetz gibt vor, dass Werbeflächen im öffentlichen Raum allen Mitgliedern der Gesellschaft gleichermaßen offen stehen müssen. Die Hochbahn behält sich aber das Recht vor, Werbung inhaltlich zu prüfen und gegebenenfalls nicht freizugeben.
Die genauen Kriterien für die Freigabe oder das Verbot von Werbung konnte die Pressesprecherin der Hochbahn Christina Becker nicht nennen. Zu dem Plakatverbot gegenüber Palette sagte sie: „Mit dem Aufruf zu einer Gesetzesänderung befinden wir uns in einer politischen Debatte. Werbung, die politische Inhalte aufgreift, geben wir auf unseren Werbeträgern nicht frei.“
Auch bei der Gesundheitsbehörde hat man offenbar keine Lust auf Diskussionen über die Legalisierung von Drogen. „Wir sehen nicht, wieso man durch eine Legalisierung der Problematik besser Herr werden sollte“, sagte deren Pressesprecher Rico Schmidt.
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