Werbekunden wollen nicht zahlen: YouTube zu teuer für Dritte Welt
Internet-Konzerne können nur in Ländern Geld verdienen, in denen sich die Schaltung von Werbung lohnt. Erste Anbieter erwägen deshalb, ihre Angebote einzuschränken.
470 Millionen Dollar. Das ist die Verlustsumme, die Spencer Wang, Analyst bei der Bank Credit Suisse, für das Jahr 2009 YouTube zuordnet. Das enorm populäre Videoportal muss seine genauen Zahlen zwar nicht ausweisen, weil es Teil des Internet-Riesen Google ist. Doch sehr unwahrscheinlich sind Wangs Schätzungen nicht. Denn YouTube liefert inzwischen unvorstellbare Datenmengen aus - und das kostet für Rechnerinfrastruktur und Übertragungskosten enorme Summen. Bereits 2006 sendete die Google-Tochter 100 Millionen Videos pro Tag ins Netz, ein Wert, der sich in den letzten Jahren noch deutlich erhöht haben dürfte.
Bei diesen Kosten stellt sich die Frage nach der Refinanzierung. Bislang setzt Google hier vor allem auf Werbung: Anzeigen erscheinen neben jedem Video und zunehmend werden auch Reklameeinblendungen direkt in Filme eingebaut. Doch dieses Geschäft lohnt sich hauptsächlich in Ländern, in denen es genügend wohlhabende Käufer gibt. Und die sind vor allem in den Industrieländern zu finden, meinen Marketingfachleute.
Erste Web-Firmen erwägen deshalb, ihre für sie selbst teuren Gratisangebote nur noch in den Regionen anzubieten, in denen es sich lohnt. Technisch möglich wird das mit so genannten Geofiltern. Diese prüfen anhand der Internet-Adresse eines Nutzers, aus welchem Land seine Anfrage kommt und stoppen dann beispielsweise die Darstellung eines Videos. Deutsche Nutzer kennen dies, wenn sie versuchen, kostenlose brandaktuelle TV-Serien auf Seiten amerikanischer Sender anzusehen, denen die notwendigen Auslandsrechte fehlen: "Dieser Inhalt ist aktuell nicht verfügbar", heißt es dort dann auf Englisch.
Noch schaltet keiner der wirklich großen Anbieter seine Websites in den Entwicklungsländern ab - auch Google setzt derzeit noch auf eine "Offen für alle"-Politik. Erste Erwägungen in diese Richtung gibt es aber. So will das soziale Netzwerk Facebook, das mit über 180 Millionen Mitgliedern gleichzeitig auch die größte Fotoseite der Welt ist, die Qualität von Bildern und Videos in bestimmten Regionen reduzieren. "Wir können von Land zu Land und Nutzer zu Nutzer entscheiden, welche Servicequalität wir anbieten", räumte Infrastrukturchef Jonathan Heiliger gegenüber der New York Times ein. YouTube hat derweil Teile seiner Ausbaupläne fürs Ausland zusammengestrichen und liefert zu Stoßzeiten in bestimmten Ländern nur eine niedrigere Bildauflösung aus.
Der kleinere Videodienst Veoh hat vorgemacht, wie sich die Situation verschärfen könnte. Seine Filme lassen sich seit 2008 in Afrika, Teilen Asiens, Lateinamerika und Osteuropa einfach nicht mehr abrufen. Begründung: Hier gebe es kaum eine Chance, Geld zu verdienen, gleichzeitig seien die notwendigen Infrastrukturkosten viel zu hoch. Firmensprecherin Gaude Paez sagte gegenüber dem Fachdienst NewTeeVee, man habe sich damit aus Märkten verabschiedet, die nur zehn Prozent der Gesamtnutzerschaft ausmachten. Die Betroffenen dürften das kaum so locker sehen - zumal das Internet in den letzten Jahren vor allem in den Entwicklungsländern neue Nutzer findet. Der Westen ist hingegen längst gesättigt.
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