Wer entscheider über die Stadtautobahn A100?: Bürger sollen draußen bleiben

Die Fraktionschefs von SPD und den Grünen lehnen es ab, eine Volksbefragung über den Weiterbau der Stadtautobahn durchzuführen. Linke schlagen Volksbegehren vor.

Portestaktion gegen den Auotbahnbau im Sommer 2010 Bild: dpa

Die Fraktionschefs von SPD und Grünen haben sich gegen eine Volksbefragung zur Autobahn A 100 ausgesprochen. "Die Volksentscheidung findet am Wahltag statt", sagte Michael Müller (SPD) am Mittwoch bei der Debatte im taz-Wahllokal (s. u.). Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann pflichtete Müller bei. Dabei wäre eine Bürgerabstimmung ein möglicher Ausweg aus dem A-100-Streit, der auch bei ausreichender Mehrheit eine rot-grüne Koalition verhindern könnte. Die Grünen wollen koalieren, sind aber gegen die A 100. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) macht ein Bündnis vom Weiterbau abhängig.

Vorbild könnte das Vorgehen der grün-roten Regierung in Baden-Württemberg beim Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 sein. Die Grünen, die den Bau ablehnen, und die SPD, die ihn befürwortet, hatten sich in Koalitionsverhandlungen nicht einigen können und daher einen Volksentscheid verabredet. Für Berlins SPD-Fraktionschef Müller hingegen ist es "völlig falsch", bei widerstreitenden Parteipositionen die Entscheidung einfach an die Bürger auszulagern. Im Fall der A 100 komme ein Bürgervotum ohnehin zu spät, sagte Müller, da bereits "zig Verfahren und Entscheidungen" gelaufen seien.

Gemessen am Gesamtprojekt ist allerdings bisher wenig Geld geflossen: Auf 8,5 Millionen Euro bezifferte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung jetzt die Summe, die das Land für vorbereitende Arbeiten von Ingenieuren und Planern ausgegeben hat - der Bau selbst, den der Bund zahlen will, kostet 420 Millionen.

Eine Volksbefragung, die die Berliner Verfassung als Instrument nicht vorsieht, hatte bereits im November der CDU-Fraktionschef und heutige Spitzenkandidat Frank Henkel vorgeschlagen. Dass sie nicht verbindlich wäre, war für ihn nur ein formales Manko: "Es kann sich keine Regierung leisten, den Willen der Bürger zu ignorieren."

Offen ließ der CDU-Vorschlag unter anderem die Fragestellung und das Quorum: Hieße ein "Ja", den Weiterbau oder den Stopp zu bejahen? Und wie viele müssen zustimmen, damit das Votum als gültig zu betrachten ist?

Linken-Fraktionschef Udo Wolf will die Bürger zwar beteiligen, aber nicht über eine Volksbefragung. Er legt den A-100-Kritikern nahe, eine Initiative im dreistufigen Verfahren der Volksgesetzgebung zu starten, bei dem am Ende ein Volksentscheid steht. Davon gab es in Berlin bislang drei: zum Flughafen Tempelhof 2008, zu "Pro Reli" 2009 und zur Offenlegung der Wasserverträge im Februar.

Diese Verfahren sind aber wegen der mehrmonatigen Zeiträume zum Unterschriftensammeln langatmig. "Pro Reli" etwa holte die ersten Unterschriften im Frühsommer 2007 ein - bis zum Volksentscheid vergingen dann fast zwei Jahre. Eine Volksbefragung hingegen ließe sich per einfache Abstimmung im Abgeordnetenhaus beschließen und binnen einigen Wochen vorbereiten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.