piwik no script img

Wenn ein Tuch um die Welt geht

■ Altpapier: Warum ein 25 Jahre alter Küchenlappen Kult ist

Zugegeben, das Schweißtuch der heiligen Veronika ist älter. Aber in der heutigen schnellebigen Zeit sind 25 Jahre auch schon eine ganze Menge. Ein Vierteljahrhundert ist da geradezu Kult. Darauf die Redaktionen der gesamten Republik hinzuweisen beliebten sich die Macher von „zewa wisch & weg“.

Beinahe wäre die opulente Pressemappe im Altpapier gelandet, aber halt! Schließlich hat Kult immer etwas mit Kultur zu tun. Außerdem bietet zewa mit seinem häufig wechselnden Design viel fürs Auge, allein zwei Motive pro Quartal: die aktuellen sind Geburtstag und Cocktail, Kirmes und Zirkus – also Kultur.

Wie sehr zudem zewa dem Schauspiel zugeneigt ist, belegt wiederum die Pressemappe: „Mit Uschi Glas hat die ideale Küchenrolle eine Idealbesetzung gefunden.“Zum zewa, Schätzchen! Da steht sie, zuckelt an der dreilagig genoppten Papierrolle und lächelt ihr blitzsauberes Zähnelächeln tief ins Gewissen einer jeden Hausfrau. Freundlich pausbäckig und glasklar, sozusagen ein kulturell hochstehendes Lächeln.

Das freilich hat eine Geschichte. Welche Frau hätte früher schon was zu lächeln gehabt? Das ist eigentlich erst mit der Emanzipationsbewegung der Fall, die, Zufall oder Fügung, zeitgleich mit zewa begann.

„Küchenlappen ade!“, so war es 1972 aus Mannheim zu hören. Da saß das gemeine Volk noch Salzstangen bretzelnd vorm Fernseher und sparte auf die nächste Hausrate. Sollte man, ja sollte man sich von Schwamm und Feudel, jenen traditionserprobten auswaschbaren Küchenhilfen trennen und sich zur Wegwerfgesellschaft bekennen? Allabendlich kam die Antwort via TV über die Republik, eingängig wie ein Orakel des Himmels: „Mit einem Wisch ist alles weg“. Das saß! Wer wollte da noch reiben und rubbeln, „wenn's um kleinere und größere Malheurchen in Küche, Freizeit oder Beruf“ging?

Zum Beweis seiner Festigkeit schlürfte zewa vor laufenden Kameras rohe Eier auf, trug ohne Risse Mengen von Weintrauben, Tomaten und Paprika. „Aber nicht nur Obst und Gemüse gaben sich bei zewa wisch & weg geschlagen, sondern selbst die Männerwelt!“Wohl bei deren von Emanzen erzwungen zaghaften Kochversuchen. Na ja, und dann gibt es auch noch andere Unfällchen in der Freizeit. Davon weiß auch der Kölner Taxifahrer Bernd Pfaffenholz, ein „Zewa-Mann der ersten Stunde“, ein Liedchen mitzusingen: „Janz klar: kein Stofftuch bringt die Schlieren auf der Windschutzscheibe so sauber runter wie zewa. Auch sonstige kleine Malheurchen sind mit einem Wisch weg.“

„Der Sturz der Küchenlappen-Ikone“war folglich unaufhaltsam. Heute hat zewa in über 80 Prozent aller Haushalte den ordinären Küchenschwamm und gewöhnliche Drecks-Verhüterlis verdrängt. Wen wundert's, daß allein 1996 über 70 Miollionen Küchenrollen verkauft wurden. „Damit ist zewa weltumgreifend: Über 21 Mal hätte zewa wisch & weg damit leicht um den Äquator gewickelt werden können.“Womit wir einmal mehr einen kulturellen Bereich berühren, nämlich die Musik: Ein Tuch geht um die Welt ...

Wer indes in seinem eigenen Heim den zewa-Fortschritt in voller Entfaltung erleben möchte, muß das Tuch in Teppichgröße auslegen. Denn dieses ist mit „über 50 Prozent mehr Saugkraft pro qm“griffiger, weicher und dicker geworden und hat eine Naßfestigkeit von einem Pfund Tomaten pro qm“erreicht. Für diejenigen, die für gewöhnlich Tomaten an die Kacheln nageln, könnte es sich also lohnen, das Badezimmer zu tapezieren. Nur Mut, denn es besagt die zewa-Philosophie: „Um große Erfolge zu erreichen, muß etwas gewagt werden!“ dah

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen