: Wenn bessere Männer zu sehr singen
■ Blendend bürgerlich: Katja Ebstein im Alma Hoppes Lustspielhaus
„Haß! Haß! Haß! Haß auf Katja Ebstein!“Man muß nicht unbedingt Rainald Goetz und sein Stück Festung zitieren, um über Katja Ebsteins neues Programm Frauen, die besseren Männer zu reden. Aber man muß von den allgemeinen Zumutungen der bürgerlichen Welt schon sehr ermüdet sein, um es hier mit einer gelinden Genervtheit gut sein zu lassen.
In Alma Hoppes Lustspielhaus gab Frau Ebstein, am Flügel von Friederike Huck begleitet, sich ganz privat. Das Programm – ausschließlich von Frauen geschriebene Lieder und Gedichte aus den letzten zweihundert Jahren – wurde vorgestellt als persönliche Auswahl. Es ist natürlich überhaupt nichts dagegen einzuwenden, einen Rezitationsabend geschlechterspezifisch zu gestalten. Nur fiel an diesem Abend wieder einmal auf, daß man für gute Ideen durchaus mit grundfalschen Argumenten aufwarten kann. Die Stimmen der Frauen müssen, so Frau Ebstein, gehört werden, um das „Weibliche, das Gebärende und Beschützende“in der Welt zu stärken. Das erwies sich als genau die Sorte Feminismus, die theaterfein gekleideten Bürgern blendend in den Kram paßt. Applaus für den guten Menschen Ebstein. So wird dann Ingeborg Bachmann kurzerhand zur Dichterin gegen den Krieg im allgemeinen und großen und ganzen reduziert.
Andere Künstlerinnen, etwa die Vormärz-Dichterin Luise Aston, wurden ihrer Dissidenz wegen vorgestellt. Nur wurde irgendwann klar, daß es weniger um diese Entfernung der Rebellin Aston zu ihrer eigenen Zeit ging, als vielmehr um ihre Nähe zu unserer Zeit. Diese Sorte Dissidenz zu feiern heißt jedoch letzlich die bürgerliche Welt nicht anzugreifen, sondern sie zu feiern.
Doch es gibt noch andere Gründe für den Erfolg dieser Show. Katja Ebstein kann sprechen und singen und schauspielern. Und vor allem weiß sie genau, wo sie bei Bettina Wegeners Moralschocker „Sind so kleine Hände...“eines dieser ekligen Tremolos setzen muß. Vielleicht sollte man sich doch an Rainald Goetz halten. Matthias Anton
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