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Wenn Windsors reisen ■ Von Ralf Sotscheck

Die Drohung ist ernst gemeint: Noch in diesem Jahr will Königin Elisabeth zum ersten Mal die Iren besuchen. Nachdem Irland im Zuge des Friedensprozesses den Anspruch auf Nordirland aus der Verfassung gestrichen hat, gilt die Nachbarinsel nicht mehr als feindlicher Staat.

Elizabrits Vorfahren und Verwandte sind immer gerne zum Jagen gekommen – früher die irischen Eingeborenen, heutzutage eher ihr Rotwild. Charles fährt regelmäßig in die Grafschaft Mayo, wo seine Familie ein Landhaus besitzt, sein Lieblingsonkel Louis Mountbatten allerdings wurde 1979 bei einem Urlaub in Westirland von der IRA mitsamt seinem Boot in die Luft gesprengt.

Wenn Windsors reisen, benötigen sie große Koffer. Jedes Mitglied der verkommenen Familie hat eine eigene Liste mit Dingen, ohne die man es nicht aushält im barbarischen Ausland, daran müssen sich auch die Iren gewöhnen. Einer anderen Ex-Kolonie, Südafrika, übermittelte die Queen vor ihrer Visite im November eine sechsseitige Liste mit Sonderwünschen, und die früheren Untertanen gehorchten. Man möchte ja, dass sich die alte Dame wohl fühlt und kein Heimweh bekommt.

Sie kann ja nichts dafür, dass ihre Vorfahren die halbe Welt geplündert haben, sie bevorzugt es jedenfalls englisch – außer Fleisch, das muss gut durchgebraten sein. Auch Schalentiere werden solange gekocht, bis sie garantiert mausetot sind – aber nicht in ausländischem Wasser. Wer weiß, was die Barbaren zuvor darin gewaschen haben. Deshalb packt Elisabeth stets ein paar Kisten Malvern-Mineralwasser ein. Auf dem Flug nach Südafrika hatte sie zwei Tonnen Gepäck, sie muss ja nicht für Übergewicht zahlen. Niemals vergisst sie Seife mit Kiefernduft gegen fremdartige Gerüche, genügend Earl-Grey-Tee, denn Ausländer verstehen nun mal nichts von dem britischsten aller Getränke, sowie mehrere Paar weiße Handschuhe, falls sie den Negern die Hand schütteln muss.

Je exotischer das Reiseziel, desto mehr Lebensmittel werden eingepackt. Kann ja sein, dass sie einem geröstete Fledermäuse servieren. Dann doch lieber die leckeren Schweinswürstchen von Harrods, auch wenn das Nobelkaufhaus dem Ausländer Mohamed al-Fayed gehört, dem Vater von Dianas Liebhaber Dodi, dem Britannien seit Jahren einen britischen Pass verweigert. Bei Blumen ist sie genauso wählerisch: Lila Blumen sind vom königlichen Nachttisch verbannt, Nelken jedweder Schattierung verabscheut sie. Ihre Schwester Margaret legt noch mehr Wert auf das leibliche Wohl. Bei ihr steht Alkohol ganz oben auf der Liste, und zwar Whisky der Marke Famous Grouse, nicht gerade die Perle unter den Whiskys. Na, Hauptsache, es dröhnt. Einmal diskutierte sie mit einem schottischen Koch stundenlang den Speiseplan, und als alles zubereitet war, nahm sie lediglich eine Orange zu sich.

Billig sind die „Royals on Tour“ nicht. Der Trip der Queen nach Pakistan und Indien vor zwei Jahren kostete mehr als eine Million Mark, Charles gleichzeitige Reise nach Südostasien war mit 800.000 Mark geradezu billig – zumal der Thronfolger 100.000 Mark wieder hereinholte, indem er Tickets für seinen Sonderflug an Journalisten verkaufte. Die Iren freuen sich schon auf die verwöhnte Bagage.

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