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Wenn Reisen leider Bildung verschafft

Bahnansagen sind ja etwas kryptisch. Der TGV von Paris nach München, heißt es in der App, werde sich um 15 Minuten verspäten wegen „behördlicher Maßnahmen“. Der Schnellzug stoppt gleich hinterm Rhein am Grenzbahnhof Kehl. Nur Uniformierte steigen zu. Sie laufen bis zum Vierersitz, auf dem ich mit meinen Söhnen sitze. Und mit dem einzigen Mitpassagier, der minimal anders aussieht als alle anderen. Er wolle nach München, hatte er mir auf Französisch erzählt. Ein Beamter geht zielstrebig auf ihn zu. Der zückt seinen Pass, der ihn als Tunesier ausweist. Der Grenzer checkt alle Stempel. Dann lässt er sich auch von meinem Sohn noch den Ausweis zeigen, was den Kleinen freut.

„Er hat im ganzen Waggon nur uns kontrolliert“, sagt der Tunesier. „Klar“, sage ich, „wegen Ihnen.“ Wir lächeln uns wissend zu. „Was hast du gesagt?“, fragt der Kleine und ich habe die leider gute Gelegenheit, ihm die Rückkehr von Passkontrollen in der EU samt Racial Profiling zu erklären. Reisen bildet.

Kehl

39.500 Ein­wohner*innen.

Die Grenzlage der Stadt in Baden-Württemberg sorgte auch dafür, dass sie oft Schauplatz kriegerischer Handlungen war und mehrfach zerstört wurde.

Dann wünscht die Zugchefin gute Fahrt. Sie heißt tatsächlich Vanessa Paradis, so hat sie sich vorgestellt. Ich summe „Joe le Taxi“ und träume von Liberté toujours. Gereon Asmuth

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