Wenig Transparenz in Unternehmen: PR-Ziel Klimaschutz
"Klimaneutral" zu arbeiten, gehört inzwischen zum guten Ton in der Unternehmenskultur. Was sich dahinter verbirgt, bleibt meist undurchsichtig.
BERLIN taz Der Begriff "klimaneutral" belegt in der aktuellen Liste zum "Unwort des Jahres" den zweiten Platz. Trotzdem liegt er voll im Trend. Immer mehr Unternehmen bezeichnen sich als klimaneutral: Sie gleichen selbst verursachte Emissionen durch den Kauf von Zertifikaten aus. Die Gelder werden meist in Projekte in Entwicklungsländern investiert, die CO2 einsparen sollen. Kritiker sprechen von einem modernen Ablasshandel, die Unternehmen würden sich ein grünes Gewissen billig erkaufen, vor allem der guten PR wegen.
Ob es sich nur um Imagepflege oder echten Klimaschutz handelt, ist für Verbraucher schwer zu beurteilen. "Neutralität heißt zunächst nur Kompensation von Emissionen und führt daher in die Irre", sagt Melanie Weber von der Verbraucher Initiative in Berlin. Ob die Unternehmen im Vorfeld versuchen, den Ausstoß von CO2 beispielsweise durch energiesparsame Produktionsverfahren oder den Verzicht auf unnötige Dienstreisen zu reduzieren, bleibt oft unklar. Zudem sind die Projekte, in die zur Kompensation investiert wird, noch nicht ausreichend geprüft. "Man muss genau hinschauen, ob tatsächlich zusätzlich CO2 eingespart wird oder ob durch die Gelder nur ohnehin geplante Projekte refinanziert werden", so Weber. Derzeit fehle noch eine ausreichende Zertifizierung.
Viele Anbieter der CO2-Zertifikate werben mit dem "Gold Standard", der garantiert, dass die Maßnahmen wirklich ergänzend zur nachhaltigen umweltschonenden Entwicklung der Region beitragen und weitere soziale Kriterien einbezogen werden. "Bisher gibt es weltweit aber nur eine handvoll Projekte, die diesen Standard auch erfüllen", erklärt Matthias Knopp vom Umweltverband WWF der taz. Die meisten befänden sich noch in der langwierigen Prüfung. Anspruch und Wirklichkeit gehen in vielen Fällen noch weit auseinander. "Von den Unternehmen sollten nur wirklich unvermeidbare Emissionen kompensiert werden", sagt Knopp.
Bisher sind es vor allem kleine und mittelständische Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche, die sich ernsthaft mit dem Klimaschutz auseinander setzen. Die großen Umweltsünder aus der Industrie beteiligen sich, wenn überhaupt an kleinen Einzelprojekten. "Verbindliche Auflagen der Politik für die Unternehmer zur Vermeidung von Emissionen sind sinnvoller als der freiwillige Handel mit Emissionen", erklärt Jana Gebauer vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung. Das würde tatsächlich etwas bewirken und die Skepsis der Verbraucher überwinden. PAUL WRUSCH
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