Weltweites Baseball-Turnier: Lustlos im Einsatz für die Nation
Der World Baseball Classic soll den Nationalsport der USA weltweit populär machen. Zu dumm, dass das US-Team nicht mithalten kann.
Das Stadion der Los Angeles Dodgers war mit 55.000 Zuschauern fast ausverkauft, der süßliche Geruch von Hot Dogs zog durchs weite Rund, und unten auf dem Rasen gelang dem Star der Seattle Mariners der siegbringende Schlag. Alles schien wie immer, und doch war alles anders: Ichiro Suzuki traf nicht für Seattle, sondern für sein Heimatland. Japans Baseball-Spieler schlugen im Finale des World Baseball Classic (WBC) Südkorea mit 5:3 nach Verlängerung und holten den Titel dieser inoffiziellen WM.
Die Japaner hatten bereits die erste Auflage dieses Turniers gewonnen, bei dem - im Gegensatz zu den offiziellen Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen - nicht nur zweitklassige Profis und Amateure antreten, sondern auch die besten Spieler aus der Major League Baseball (MLB). Und wie vor drei Jahren waren auch diesmal die großen Favoriten vorzeitig gescheitert: Die mit MLB-Stars gespickten Teams aus Puerto Rico und der Dominikanischen Republik schieden ebenso bereits in Vor- und Zwischenrunde aus wie die sieggewohnten Staatsamateure aus Kuba, die US-Amerikaner wurden im Halbfinale von Japan mit 4:9 gedemütigt.
Ähnlich wie im Basketball hat der Rest der Welt den Rückstand auf die Erfinder des Sports verkürzen können. Allerdings wird im Rest der Welt der World Baseball Classic auch entschieden ernster genommen als in der Heimstatt der Erfinder. Während vor allem die Asiaten konzentriert und ehrgeizig auftraten, wirkten die US-Stars bisweilen lustlos. Ihr Manager Davey Johnson erklärte gar, dass er notfalls auch ein Spiel aufgeben würde, damit Spieler nicht länger auf dem Platz stehen müssten als von ihren Klubs genehmigt.
Kein Wunder, dass die TV-Übertragungen in Japan bis zu 40 Prozent Einschaltquote erreichten, während die Amerikaner zuhause zum Teil vor nicht einmal halbvollen Stadien antreten mussten. Japan und Südkorea dagegen spielten auch bei ihren Auftritten in den USA stets vor gut gefüllten Rängen: Dort feierten die großen Immigranten-Gemeinden die Erfolge im amerikanischen Nationalsport.
Ansonsten weiß man in den USA nicht so recht, was man vom WBC halten soll. Die Amerikaner tun sich schwer, bei einem Sport, den sie sowieso als Teil ihres kulturellen Erbes empfinden, nationale Gefühle zu entwickeln. Baseball ist, von der entspannten Atmosphäre in den Stadien bis zu seiner mythenumflorten Geschichte, weniger Sport als nachmittäglicher Zeitvertreib. Auf der anderen Seite hofft die MLB, durch den World Baseball Classic ihr Produkt weiter globalisieren zu können. Vorbild ist die National Basketball Association (NBA), die dank der Auftritte des Dream-Teams bei Olympia 1992 in Barcelona zur internationalen Marke mutierte. MLB-Chef Bud Selig zeigte sich denn auch sehr zufrieden: "Es war enorm. Das Ding wird größer und größer werden, darauf können Sie wetten."
Die größten Widerstände muss er ausgerechnet im eigenen Unternehmen überwinden. Die meisten Klubs der MLB sind nicht glücklich mit dem WBC, vor allem nicht mit dessen Terminierung mitten im traditionellen Frühlings-Trainingslager. Während die Teams sich allesamt in Florida oder Arizona auf die am 5. April beginnende Saison vorbereiten, sind ausgerechnet die hochbezahlten Stars im Einsatz für ihre Geburtsländer. Die Klubtrainer fürchten vor allem um die Gesundheit ihrer Pitcher, die sich noch nicht vollkommen austrainiert, aber angesteckt von Nationalstolz übernehmen könnten. Selig aber erteilte allen Verlegungswünschen eine Absage und warb weiter für den WBC: "Es ist an der Zeit, individuelle Interessen zurückzustellen und zu tun, was gut für den Sport Baseball ist."
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