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Weltweiter Tag gegen Gewalt an Frauen„Deutschland hat ein Problem mit Gewalt an Frauen“

Familienministerin Lisa Paus verurteilt die hohen Opferzahlen in Deutschland. Es brauche eine Trendumkehr und ein starkes Gewalthilfegesetz.

Fast jeden Tag ein Femizid: Familienministerin Lisa Paus (Grüne) stellt Ende November die jüngsten Zahlen vor Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Berlin dpa/taz | Deutschland hat nach Einschätzung von Bundesfrauenministerin Lisa Paus ein Problem mit Gewalt gegen Frauen. „Fast jeden Tag gibt es einen Femizid. Jeden Tag werden rund 400 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am Montag. In mehreren Städten sind Kundgebungen und Aktionen geplant.

Die taz hatte am Wochenende das ganze Ausmaß der Gewalt gegen Frauen dokumentiert und am Beispiel der Städte Erfurt und Ludwigshafen alle dort in einer Woche bekanntgeworden Übergriffe auf Frauen aufgelistet.

„Es braucht eine Trendumkehr, ein starkes Gewalthilfegesetz, um das Recht auf Schutz und Beratung für alle Betroffenen von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt zu verankern“, forderte Paus. Sie werbe deshalb weiter für Zustimmung über Parteigrenzen hinweg für das Gewalthilfegesetz. Dies wurde von Paus in enger Abstimmung mit anderen Ministerien, den Ländern und Verbänden erarbeitet.

Um es durch den Bundestag zu bringen, ist aber eine breite Unterstützung, auch der Union, nötig. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP war vor gut zwei Wochen auseinandergebrochen. „Der Schutz von Frauen darf nicht abhängig sein von parteipolitischem Kalkül“, sagte Paus. „Frauen, die Gewalt erfahren und die um ihr Leben fürchten, ist es vollkommen egal, wer regiert.“

Gewalttaten stiegen zuletzt

Zuletzt hatte Paus zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und dem Bundeskriminalamt Zahlen vorgestellt, wonach immer mehr Frauen in Deutschland von Gewalt betroffen sind. Besonders schwerwiegend sind versuchte und vollendete Tötungsdelikte, die sich explizit gegen das weibliche Geschlecht richten – sogenannte Femizide. Im Jahr 2023 wurden 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungen. 360 Frauen und Mädchen starben dabei. 248 davon lassen sich laut Bundeskriminalamt (BKA) dem Bereich der Häuslichen Gewalt zuzuordnen.

„Die Politik muss dafür sorgen, dass Täter gestoppt und Frauen geschützt werden“, sagte Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, in einer Mitteilung. Die Trennung von einem gewalttätigen Partner sei für Frauen der gefährlichste Moment. Diese Gefahr für Frauen würde von Behörden und Justiz noch immer unterschätzt werden. „Die traurige Realität: viele Femizide hätten verhindert werden können, wären die Frauen besser geschützt worden.“

Der so bezeichnete Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen will die Gesellschaft für dieses Problem sensibilisieren. Die Aktionen finden im Rahmen der UN-Kampagne „Orange the World“ statt. Diese gibt es seit 1991 und sie läuft in diesem Jahr für 16 Tage. Sie beginnt heute mit dem sogenannten Orange Day. Viele Gebäude werden an dem Tag in Orange angestrahlt.

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1 Kommentar

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  • Die Politik ist gefragt. Aber auch die Nachbarn, die nähere Umgebung sollte nicht wegschauen.



    Sich einmischen, die Polizei rufen,das ist auch wichtig.