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Weltverbesserer? Ist alles vergessen...

■ Gilla Cremers neue Soloproduktion m.e.d.e.a. in den Hamburger Kammerspielen

Jede Zeit hat ihre eigenen Versprechen. „Wir lieben uns frei ohne ehelichen Zwang“, versprachen sich Paare in den 70ern. Während „Er“ – rhetorisch brilliant – seine großen Utopien ins Megaphon schrie, kümmerte „Sie“ sich um den quengelnden Nachwuchs. Zwanzig Jahre später nimmt sich der 68er Held die Freiheit und heiratet eine junge Bankierstochter. Seine Frau bleibt verlassen zurück.

Dies ist der Ausgangspunkt der neuen Soloproduktion m.e.d.e.a. der Hamburger Schauspielerin Gilla Cremer, die heute in den Kammerspielen Premiere hat. Das Stück erzählt das Schicksal einer Frau, die hin- und hergerissen ist zwischen dem Anspruch, sich als emanzipierte Frau mit der Trennung zu arrangieren, und ihrem Gefühlschaos aus Hass, Trauer, Einsamkeit und Angst. Die Verlassene gräbt sich durch den Fundus des Medea-Materials und findet in der griechischen Figur der Medea Trost. „Sie borgt sich den Medea-Mythos, um ihre eigene Geschichte zu erzählen“, erklärt Gilla Cremer.

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte findet nicht linear statt. Vielmehr werden Textpassagen von so unterschiedlichen AutorInnen wie Euripides, Heiner Müller, Michel Houellebecq oder Sibylle Berg zu einer assoziativen Montage zusammengesetzt. Dabei spiegelt auch die Musikauswahl die innere Zerrissenheit der Ich-Erzählerin wider. Hippimusik verspricht Aufbruch und Rebellion, während neuromantische Stücke den Wunsch nach Geborgenheit und Heimat offenbaren. Der Zugriff der Protagonistin auf die Medea-Texte und die Musik sind subjektiv, gleichzeitig entstehen zwischen den Bildern „Reibungsflächen, an denen die Zuschauer sich mit ihrer eigenen Geschichte einbringen können“, sagt Eva-Maria Martin, die das m.e.d.e.a.-Stück inszeniert hat.

Eine Frau zieht darin also die Bilanz ihres Lebens. Dieser Rückblick bewegt sich auf der Zeitachse 1938 (Auseinandersetzung mit den Eltern), 1968 (studentische Rebellion) und heute. Das Einzelschicksal einer verlassenen Frau im Jahr 2000 steht stellvertretend für eine Generation, die vor rund 20 Jahren vollmundig versprach, die Welt zu verändern und die heute von ihren Versprechern nichts mehr wissen will. Nicole Vrenegor

Premiere heute, um 20.30 Uhr, Logensaal der Hamburger Kammerspiele. Weitere Vorstellungen: 15., 16. und 19.-21. Dezember.

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