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Weltsozialforum in BrasilienBreitseite gegen Davos

Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff kritisiert neoliberale EU-Wirtschaftspolitik. In Südamerika hingegen habe man demokratisch auf die Krise reagiert.

Finger weg von "gescheiterten Rezepten": Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hält nicht viel von Europas Krisenpolitik. Bild: dpa

PORTO ALEGRE taz | Mit einem symbolträchtigen Auftritt hat Dilma Rousseff das Weltsozialforum aufgewertet. Anstatt wie ursprünglich geplant in Davos vor Managern, Bankern und Politikern zu reden, geißelte die brasilianische Staatschefin in Porto Alegre die neoliberale Wirtschaftspolitik der EU.

"Erneut werden in Europa gescheiterte Rezepte vorgeschlagen", sagte Rousseff am Donnerstag, die Kluft zwischen der "Stimme der Straße" und der "Stimme der Märkte" werde offenbar immer größer. Im Gegensatz zur EU hätten Südamerikas Mitte-links-Regierungen "progressiv und demokratisch" auf die Krise reagiert, rief Rousseff vor Tausenden Anhängern.

"In unseren Ländern gehen Armut und Ungleichheit zurück, während in anderen Regionen die Ausgrenzung zunimmt und Rechte verloren gehen. Heute geben wir unsere Souveränität nicht mehr auf, wenn Mächte, Finanzgruppen oder Ratingagenturen Druck auf uns ausüben." Europa hingegen wiederhole gerade jene konservative Wirtschaftspolitik, die im Lateinamerika der 80er und 90er Jahre zu Stagnation, Demokratieverlust, mehr Armut und Arbeitslosigkeit geführt habe.

Auf dem UN-Umweltgipfel Rio+20, der im Juni in Rio de Janeiro stattfindet, möchte die Gastgeberin ein "neues Entwicklungsmodell" in den Fokus rücken, bei dem wirtschaftliche, soziale und ökologische Gesichtspunkte berücksichtigt würden. Auf die Demonstranten, die mit Transparenten und Pfiffen gegen den Bau des Megastaudamms Belo Monte und das neue Waldgesetz protestierten, ging sie jedoch mit keinem Wort ein. Stattdessen übte sie mit dem WSF-Motto "Eine andere Welt ist möglich" den Schulterschluss mit der Basis.

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6 Kommentare

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  • UF
    ulysses freire da paz jr.

    "Kapitalismus wurde aus dem Gelddarlehen geboren. Geld verleihen ist die Idee an der Wurzel des Kapitalismus. Konsultiren Sie den Talmud und Sie werden finden wer aus dem Geldverleihen eine Kunst gemacht hat.

     

    Präsidentin Dilma stimmt mit Präsident Lincoln überein nach diesem:

     

    " GELD WIRD AUFHÖREN DER MEISTER ZU SEIN UND ZUM DIENER DER MENSCHHEIT WERDEN"

  • D
    DIETER

    wie schön, dass Ihnen die bras. Präsidenten gefällt.

     

    Fliegen SIe mal nach Brasilien und sehen Sie sich die Armut an. Die löst auch Vilma nicht.

     

     

    Brasilien möchte Weltmacht werden- möglich vielleicht im 23. Jahrhundert.

     

    Saludos aus Südamerika

  • B
    Bitbändiger

    Ist ja nett, dass Frau Rousseff den globalen zynischen und menschenverachtenden Casino-Kapitalismus kritisiert - recht hat sie. Nur hatte ich von ihr erhofft, dass sie im eigenen Land einige massive Fehlentwicklungen - Regenwald-Abholzung, Landnahme der Großgrundbesitzer, Expropriierung der Ureinwohner, agrarische Monokulturen etc. - bekämpft. Dass nach so kurzer Regierungszeit keine gewaltigen Ergebnisse erwartet werden könnten, wäre ja klar - aber einige andere Entwicklungen (wie z.B. erwähnt, Waldgesetz und Belo-Monte-Staudamm) lassen eher ein kräftiges "weiter so!" befürchten.

     

    Noch will ich das Wort "Heuchelei" nicht in den Mund nehmen...

  • A
    André

    Dilma Rousseff ist Regierungschefin und Staatsoberhaupt Brasiliens. Brasiliens! Das "B" der BRIC-Staaten. Würden wir sowas von Merkel und Wulff hören, wären wir am Ziel, und die (Aufräum-)Arbeiten könnten beginnen.

  • S
    Schattenfels

    Was für eine starke, weise und bescheidene Frau. Ich wünschte, Deutschland wäre so (erfolg)reich wie Brasilien. Progressiv und demokratisch würde ich´s mir in den Favelas Berlins gut gehen lassen und könnte anstatt unter menschenunwürdigen Bedingungen zu studieren Drogen verkaufen oder von Prostitution leben. Aber leider, leider ist das wohl nur ein linker Wunschtraum. Wie sehr neoliberale Wirtschaftspolitik scheitern muss, sieht man an Chile, dem wohl ärmsten und zurückgebliebenstem Land Südamerikas. Wenn Brasilien ein Vorbild ist, ist Somalia eine Göttin.

  • B
    BernhardZ

    Und bei solchen Politiker/innen solls noch einen wundern, dass uns Brasilien etc. in den nächsten Jahren wohl haushoch überholen wird?

     

    Da könne Schwarz/Geld/Rot/Grün gern mal in die Ausbildung gehen um zu lernen, was "Demokratie" bedeutet.