Weltrekord im Schwimmen: Andauernd ausdauernd
Florian Wellbrock, einer der Schwimmer des Jahres, knackt bei der Kurzbahn-WM den Weltrekord über 1.500 Meter. Das Preisgeld: 50.000 Dollar.
Mit Applaus ist Florian Wellbrock in den vergangenen Monaten öfter überschüttet worden, doch als für die internationale Schwimmelite am Dienstag der Vorhang hinterm Jahr der Olympischen Sommerspiele fiel, hatte er immer noch nicht genug. Mit weit ausgebreiteten Armen animierte Wellbrock das Publikum in Abu Dhabi zu noch mehr Beifall – für seinen Weltrekord im 25-Meter-Becken über 1.500 Meter Freistil, bei dem er die alte Bestmarke des Italieners Gregorio Paltrinieri um mehr als eine Sekunde unterboten hatte.
Zum Händeschütteln mit dem Freiwasser-Olympiasieger vom Sommer schritten vorm Erklingen der deutschen Nationalhymne der Tunesier Ahmed Hafnaoui (Silber) und Michailo Romantschuk aus der Ukraine. Der gestürzte Rekordmann Paltrinieri wurde mit über 14 Sekunden Rückstand auf den Sieger nur Vierter. Und in seinen Ohren musste es wie Hohn klingen, als Wellbrock über seinen Triumph sagte: „Ich hatte keinen wirklichen Plan, ich wollte nur ein gutes Rennen schwimmen.“
Es wurde das schnellste, das ein Schwimmer in dem Wettkampf mit insgesamt 59 Wenden je in den Pool gezaubert hat. Ganz nebenbei feierte Wellbrock am Persischen Golf seine persönliche Medaillenpremiere bei einer Kurzbahn-WM: Sein eigentliches Revier ist das freie Gewässer, in dem der gebürtige Bremer Anfang August olympisches Gold gewann. Nun deklassierte Wellbrock die Konkurrenz auf der kurzen Bahn, obwohl er findet, dass die vielen Wenden seinen Rhythmus stören.
Bevor er in Abu Dhabi ins Becken sprang, gewann er in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate auch schon das Weltcupfinale im Freiwasser. Und zwischendurch kommentierte er das ungewohnte Dezember-Ambiente mit Temperaturen um 25 Grad cool: „Die Umgebung ist für mich zweitrangig. Wir hätten das hier auch irgendwo in Schweden oder Norwegen machen können.“
„Sehr positive Ansätze“
Für seinen Weltrekord bekommt Wellbrock vom Schwimm-Weltverband eine Prämie von 50.000 US-Dollar überwiesen. Zwar bescherten Wellbrock und seine Lebensgefährtin Sarah Köhler mit ihren Bronzemedaillen über 1.500 Meter Freistil dem DSV beim Saisonhöhepunkt in Tokio die ersten olympischen Edelmetallplaketten im Becken seit 2008. Auf der anderen Seite der Medaille aber standen: Acht Finalteilnahmen deutscher Schwimmer – so viele wie 2012 in London, eine mehr als vier Jahre später in Rio. Und das bei drei zusätzlichen Rennen im Programm.
Trotzdem sprach Bundestrainer Bernd Berkhahn von „sehr positiven Ansätzen“. Schwimmerisches Potenzial, das auf weitere Fortschritte bis zu den Spielen 2024 in Paris hoffen lässt, ist vorhanden. Dass es in den zurückliegenden Monaten nicht auf breiter Basis ausgeschöpft wurde, hatte dabei auch mit verbandsinternen Querelen zu tun. Die positive Entwicklung der letzten zwei Jahre trübten unter anderem die Missbrauchsvorwürfe gegen den zunächst beurlaubten, dann zurückgetretenen Freiwasser-Bundestrainer Stefan Lurz und die Freistellung von Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen im Februar dieses Jahres. „Das waren definitiv Wermutstropfen, die auf jeden Fall nicht zu einer ruhigen Olympiavorbereitung beigetragen haben“, sagte Athletensprecherin Sarah Köhler dazu im Gespräch mit dem nd.
Bei der Einsetzung von Wasserspringer-Bundestrainer Lutz Buschkow als kommissarischem Leistungssportdirektor im April fühlten sich die Schwimmer laut einem Statement von Köhler übergangen. Ab Januar ist die Stelle des Sportdirektors im Schwimm-Verband dann wieder fest besetzt: mit dem gebürtigen Erfurter Christian Hansmann, zuletzt als Technischer Direktor für den Nationalverband Luxemburg tätig.
Florian Wellbrock freut sich nun erst einmal auf ein paar gemütliche Weihnachtstage bei seinen Eltern, ehe er die Top-Events des nächsten Jahres, die WM im Mai in Fukuoka und die EM im August in Rom, ins Visier nimmt. Bei der Kurzbahn-WM kraulte der Schwimmer vom SC Magdeburg aus DSV-Sicht mehr oder weniger allein auf weiter Flur. Außer ihm schaffte es nur Rückenschwimmer Christian Diener (Silber über 50 Meter, Bronze über 200) aufs Siegertreppchen. Entsprechend galt in Abu Dhabi, was der frühere Freistil-Star Paul Biedermann bereits nach den Tokio-Spielen über Wellbrock gesagt hatte: „Eine Medaille im Becken und im Freiwasser zu gewinnen, das ist eine ganz eigene Liga.“
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