piwik no script img

Weltnaturerbe in GefahrÖlbohrungen bedrohen Elefanten

Die Regierungen von Botswana und Namibia erlauben einer kanadischen Firma die Suche nach Öl- und Gasvorkommen. Deutschland ist beteiligt.

Noch idylisch: Elefant am Okavango-Delta Foto: Westend61/imago

Brüssel taz | Das Okavango-Binnendelta in Botswana ist ein einzigartiges Naturschutzgebiet: Weltnaturerbe und Afrikas wichtigste noch intakte Heimat von Elefanten sowie zahlreicher anderer großer Tiere. Jetzt ist es in Gefahr: die Regierungen von Botswana und Namibia haben der kanadischen Firma ReconAfrica die Öl- und Gaserkundung in Okavango-Quellgebieten erlaubt.

Das Gebiet umfasst 35.000 Quadratkilometer und ist damit etwa so groß wie Baden-Württemberg. Eine von ReconAfrica bei „Worldwide Geochemistry“ in Auftrag gegebene Studie spricht von Reserven von über 100 Milliarden Barrel, etwa ein Drittel derer von Venezuela oder Saudi-Arabien und damit weltweit mit an der Spitze.

Manche dieser Ölreserven sind danach konventionell ausbeutbar, andere würden Fracking erfordern – eine kontroverse Technologie, die nach Angaben von Surina Esterhuyse vom „Centre for Environmental Managament“ an der südafrikanischen University of the Free State mit hochgiftigen und teils sogar radioaktiven Abwassern das Grundwasser des Okavango-Deltas schädigen würde.

Umweltschützer in Sorge

Namibias Bergbauminister Tom Alweendo versicherte zwar im September, dass ReconAfrica kein Fracking einsetzen würde. Aber Scot Evans, Geschäftsführer des Unternehmens, hatte sich im Juni damit gebrüstet, einen hochrangigen Fracking-Experten angeworben zu haben. Evans ist in der Ölwelt berüchtigt: Er war einst Vizepräsident der vom ehemaligen US-Vizepräsidenten Dick Cheney geführten texanischen Ölfirma Halliburton, die in zahlreiche Skandale verwickelt gewesen ist.

Umweltschützer sind nun in großer Sorge. Testbohrungen sind an drei Stellen entlang des Kavango-Flusses an der namibisch-botswanischen Grenze vorgesehen, zwei in Namibia und eine in Botswana. Sie liegen flussaufwärts des Okavango-Deltas innerhalb des transnationalen Naturparks „Kavango-Zambezi Transfrontier Conservation Area (KAZA-TFCA), das auf der Fläche Frankreichs 36 Naturschutzgebiete vereint.

Drei Schutzgebiete – Khaudum, Manghetti und Bwabwata – befinden sich in der Nähe des Erkundungsgebietes. Der Kavango-Fluss ist der einzige Wasserzubringer des Okavango-Deltas, das wiederum das Herz des Safaritourismus in Botswana darstellt. Aus diesem Grund ist das Gebiet auch von erheblicher ökonomischer Bedeutung.

Deutschland beteiligt

Die Ölsuche könnte auch eines der letzten Rückzugsgebiete der Ureinwohner der Gegend betreffen, der San-Buschmänner, die seit über 40.000 Jahren in der Kalahari-Wüste leben. Ein geplantes Bohrgebiet befindet sich nahe der archäologischen Stätte Tsodilo Hills, wo sich rund 4.500 prähistorische Wandmalereien befinden. Der Lebensstil der San wäre durch die Ankunft von Ölfirmen in Gefahr, sagt Annette Hübschle von der Universität Kapstadt.

Deutschland ist durch ein Projekt an dieser Sache direkt beteiligt. Die staatliche deutsche Entwicklungsbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unterstützt das KAZA-TFCA-Naturparkprojekt im Auftrag der Bundesregierung seit 2010 als Hauptfinanzierer. Im Jahr 2018 unterzeichnete die KfW mit Botswanas Umweltministerium eine Vereinbarung über 15,5 Millionen Euro zur Entwicklung des Ökotourismus im Okavango.

Die Gefahr durch Ölsuche spielt die KfW herunter. „Aktuell ist es vollkommen unklar, ob in der Region Öl oder Gas gefunden werden kann“, erklärt die KfW auf taz-Anfrage. „Führende Geologen in Namibia halten förderungswürdige Vorhaben von Öl oder Gas in der Region für sehr unwahrscheinlich.“

Falls es doch anders kommt, ist die KfW zuversichtlich: „Angesichts der sehr guten Umweltgesetzgebung in Namibia gehen wir derzeit davon aus, dass – sollten in den bisherigen Prüfungen noch nicht alle potentiellen Umwelt- und Sozialverträglichkeitsrisiken in der nötigen Tiefe untersucht worden sein – diese wissenschaftlichen Analysen durch die entsprechenden öffentlichen oder privaten Stellen nachgeholt werden und bei Vorliegen der Informationen entsprechende Handlungen erfolgen.“ Nach Angaben des namibischen Umweltministeriums hat ReconAfrica eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, aber laut Kritikern wurden die Anwohner und die lokale Zivilgesellschaft nicht einbezogen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!