Weltkriegsbombe in Berlin entschärft: „Zünder kontrolliert gesprengt“
Evakuierung, Sperrbezirk, Zugausfälle – eine Bombe legte Berlins Mitte, einschließlich des Hauptbahnhofs, lahm. Zumindest bis 13.19 Uhr.
Sechs Männer posieren bei 22 Grad um einen großen braunen Stein herum. Überall liegt Bauschutt, hinter ihnen ragen Kräne in die Luft. So wie sie dort stehen, könnten diese Männer sechs Bauarbeiter sein, wahlweise auch eine Gruppe von Geschichtslehrern auf Expedition.
Beides stimmt nicht. Die sechs, die da auf dem Foto der Berliner Polizei am Werk sind, sind „Feuerwerker“. Und der dreckige Stein in ihrer Mitte ist eine britische 500-Kilogramm-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Die sechs Männer haben die ehrenvolle Aufgabe, sie an diesem Freitag „mit Hochdrucktechnik“ zu entschärfen, wie die Polizei auf Twitter schreibt. Einen ähnlichen Einsatz nahe des Hauptbahnhofs gab es zuletzt vor fünf Jahren: Damals wurde eine russische 100-Kilo-Fliegerbombe entschärft.
Es gibt bequemere Dinge als so eine Bombenentschärfung in der Mitte von Deutschlands Hauptstadt. Im Fall unseres 500-Kilogramm-Schätzchens bedeutet sie: 800 Meter Sperrkreis, Zugausfälle bei der S-Bahn und im Fernverkehr, Evakuierung. Rund 10.000 Anwohner:innen mussten seit dem frühen Morgen aus ihren Wohnungen und Büros raus, damit die Polizei sich des wuchtigen Weltkriegsandenkens entledigen konnte.
Haustiere durften – oder mussten – zurückbleiben. Ein Foto der Twitter-Userin Julia Kopatzki zeigt einen Golden- Retriever-Mischling in einem Garten. Er schaut traurig in die Kamera.
Dank Bombe mal früh in der Uni gewesen
Eine der Anwohner:innen, die Polizei und Feuerwehr evakuierten, ist die 27-jährige Alina. Sie wohnt am östlichen Rand von Moabit, gerade noch im Sperrkreis also. „Heute war ich wirklich mal froh, zur Arbeit gehen zu können, sonst wäre das wirklich lästig geworden“, sagt sie. Ähnlich unzufrieden seien auch ihre Mitbewohner gewesen. „Wegen der Weltkriegsbombe mussten die schon sehr früh in die Uni.“ Sehr früh bedeutet in diesem Fall um 9 Uhr.
Bewegt die Bombe also Gutes in Berlin? Im Bundeswirtschaftsministerium bekamen immerhin einige Mitarbeiter:innen – anders als im Innenministerium – den Tag frei oder durften ins Home-Office ausweichen. Ein guter Tag für die deutsche Wirtschaft.
Andere Zugreisende entdecken die Liebe für den Berliner Ostbahnhof. „Trotz Bombe ist hier heute weniger Chaos als an einem normalen Feiertag“, schreibt Otto Lette auf Twitter über die Vorzüge des Bahnhofs an diesem Tag.
Um 13.19 Uhr knallt es dann – aber nur ein bisschen und mit minimaler Verspätung. „Der Zünder wurde soeben abseits der #Weltkriegsbombe kontrolliert gesprengt“, schreibt die Polizei auf Twitter. Kurze Zeit später wird der Sperrkreis aufgehoben. Zum Glück.
Zum Abschluss noch ein Foto
Weil’s so schön war, gibt es zum Abschluss noch mal ein Foto. Diesmal mit Klassenlehrerin, äh, Chefin der Kriminaltechnik Berlin. „Sie war sehr zufrieden mit unserer Arbeit.“ Dann geht’s ab ins Wochenende.
Einsätze wie dieser dürften sich noch ein paar Mal wiederholen: Insgesamt liegen nach Schätzungen der Senatsverwaltung für Umwelt noch etwa 3.000 Blindgänger unter Berlins Erde. Sie sind ein Erbe der etwa 380 Bombenangriffen bis 1945, während der amerikanische, britische und russische Piloten nach Angaben von Historiker:innen mehr als 45.000 Tonnen Sprengstoff über der Stadt abwarfen.
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