Welthandel und Binnengewässer: Was für eine Bescherung

Norddeutsche Häfen schwächeln wegen wirtschaftlicher Probleme in China und Russland. Hamburg besonders betroffen.

Große Lücken auf dem Terminal: Hier wäre noch Platz für viele Container Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

HAMBURG taz | Weihnachten fällt dieses Jahr aus. Zumindest für die norddeutschen Häfen Hamburg und Bremen/Bremerhaven wird es keine Geschenke geben. Massive Einbußen im Welthandel vermiesen in den beiden norddeutschen Stadtstaaten Wirtschaft und Politik die Feiertagslaune, die Konkurrenten Rotterdam (Niederlande) und Antwerpen (Belgien) hingegen können frohlocken. Und Schuld daran sind die Chinesen und die Russen, deren Wirtschaften schwächeln.

Nicht einmal für Weihnachtsgeschenke reicht es. Das traditionell umsatzstarke dritte Quartal mit Containerladungen voller Spielzeug und Unterhaltungselektronik aus Fernost war sogar das bislang schwächste in diesem Jahr. Im Vergleich zum dritten Quartal 2014 sank der Umschlag in Hamburg um 13,7 Prozent.

Insgesamt wird der Hamburger Hafen in diesem Jahr ungefähr ein Zehntel weniger Container umschlagen als im Vorjahr. Er rechne am Ende des Jahres mit einem Umschlag von 8,8 Millionen Standardcontainern (TEU), sagte am Montag Axel Mattern, Vorstand der Marketing-Gesellschaft des Hafens (HHM). Im vorigen Jahr waren es 9,7 Millionen TEU gewesen, in den Rekordjahren 2007 und 2008 war die Schallmauer von zehn Millionen TEU jeweils nur um ein paar Hundert Stahlboxen verfehlt worden. Nun fällt Hamburg auf das Niveau von 2006 zurück und unter den Containerhäfen in Europa auf den dritten Rang (siehe Kasten).

Auch in Bremen und Bremerhaven ist die Lage nicht rosiger. An der Weser wird erneut die Marke von sechs Millionen TEU verfehlt werden. Nach einem Dreivierteljahr wurden dort 4,2 Millionen TEU gezählt, ein Minus von 3,7 Prozent. In Hamburg waren es mit 6,7 Millionen TEU sogar 9,2 Prozent weniger. In Rotterdam hingegen legte der Umschlag in den ersten neun Monaten um 1,0 Prozent zu, in Antwerpen sogar um 8,0 Prozent.

In Nordwesteuropa konkurrieren die vier größten Häfen des Kontinents, die sogenannte Nordrange, um Warenströme.

Marktführer ist seit Jahrzehnten Rotterdam in den Niederlanden. 2014 wurden dort 12,3 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen. Weltweit bedeutet das Platz 12 unter den größten Häfen.

Die weltgrößten Häfen sind Shanghai (China) mit 35,3 Millionen TEU und der Stadtstaat Singapur mit 33,9 Millionen TEU. Der größte nicht-asiatische Hafen ist Los Angeles mit 15,2 Millionen TEU auf Platz 10.

Hamburg war 2014 mit 9,7 Millionen TEU die Nummer 2 in Europa vor dem belgischen Antwerpen mit 9,0 Millionen TEU. Den vierten Rang belegen traditionell die bremischen Häfen mit 5,8 Millionen TEU.

Global belegt Hamburg Platz 16 vor Antwerpen, Bremen/Bremerhaven rangiert auf Rang 23.

Der Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven schlug 2014 lediglich 76.000 Container um.

Vor allem für Hamburg rächt es sich nun, China und den Ostseeraum als weitaus stärkste Handelspartner zu haben. Bei China, das für jeden dritten Container im Hafen verantwortlich ist, ging der Umschlag um knapp 15 Prozent zurück, bei Russland sogar um 36 Prozent, im Handel mit allen Ostsee-Anrainern um 22,4 Prozent.

„Da China unser stärkster Handelspartner ist und große Mengen der Container auch weiter in den Ostseeraum transportiert werden, ist dieser Rückgang schmerzlich“, sagte Mattern. China erlebt gegenwärtig eine Wachstumsdelle und will seine Industrie in Richtung auf höherwertige Produkte neu ausrichten. Was das langfristig für den Hamburger Hafen bedeuten könnte, ist offen.

In Russland hingegen, das nach dem Einbruch nur noch der drittgrößter Handelspartner des Hafens nach China und Singapur ist, sei die Talfahrt abgeschlossen und der Umschlag stabilisiere sich, hieß es bei HHM. Der Rückgang sei auf die Handelssanktionen, den schwachen Rubel, den niedrigen Ölpreis und die allgemeine Rezession in Russland zurückzuführen.

„Die Talsohle ist erreicht“, glaubt Matterns Vorstandskollege Ingo Egloff, es werde keine größeren Einbrüche mehr geben. Allerdings habe Rotterdam „mit aggressiven Methoden“, wie Egloff findet, etliche Feederverbindungen in die Ostseeländer aus Hamburg abgeworben. Der Umschlag in den ersten neun Monaten sank von 3,0 auf 2,3 Millionen TEU. Diese Zubringerschiffe werden jetzt in den Niederlanden be- und entladen.

Und das liegt, wie Egloff sagte, an der noch immer ausstehenden Elbvertiefung, über die das Bundesverwaltungsgericht im nächsten Jahr entscheiden wird. Weil deshalb die größten Containerriesen Hamburg nicht vollbeladen anlaufen können, laden sie Boxen für den baltischen Raum eben schon in Rotterdam ab. Pro Schiff fehlten Hamburg so bis zu 1.800 TEU, rechnet Mattern vor: „Wir brauchen die Elbvertiefung.“

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